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Politik: Wunschliste aus Kabul

Ein Wunsch wird Hamid Karsai bei seiner Reise nach Berlin aller Voraussicht nach nicht erfüllt werden, so sehr sich die deutschen Gastgeber auch um die Stabilisierung der afghanischen Nachkriegs-Regierung bemühen: Der Paschtune an der Spitze der Übergangsverwaltung, der am Mittwochabend nach Berlin kommt, hatte in den vergangenen Wochen immer wieder darauf gedrängt, das Mandat der internationalen Schutztruppe (Isaf) über die Region Kabuls hinaus auszuweiten und unter deutsche Führung ("Lead Nation") zu stellen. Doch Kanzler Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Rudolf Scharping haben sich festgelegt: Danach ist die Bundeswehr längst an den Grenzen ihrer Auslands-Kapazität angelangt und kann keine zusätzlichen Belastungen mehr verkraften.

Von Hans Monath

Ein Wunsch wird Hamid Karsai bei seiner Reise nach Berlin aller Voraussicht nach nicht erfüllt werden, so sehr sich die deutschen Gastgeber auch um die Stabilisierung der afghanischen Nachkriegs-Regierung bemühen: Der Paschtune an der Spitze der Übergangsverwaltung, der am Mittwochabend nach Berlin kommt, hatte in den vergangenen Wochen immer wieder darauf gedrängt, das Mandat der internationalen Schutztruppe (Isaf) über die Region Kabuls hinaus auszuweiten und unter deutsche Führung ("Lead Nation") zu stellen. Doch Kanzler Gerhard Schröder und Verteidigungsminister Rudolf Scharping haben sich festgelegt: Danach ist die Bundeswehr längst an den Grenzen ihrer Auslands-Kapazität angelangt und kann keine zusätzlichen Belastungen mehr verkraften.

Obwohl in Berlin die prekäre Stabilität der neuen Ordnung Afghanistans mit Sorge gesehen wird, will die Koalition weitere militärische Hilfe nicht zusagen - abgesehen davon aber mit Diplomatie, Geld und Knowhow die Rückkehr des Landes zur Normalität befördern, so weit das möglich ist. Schließlich soll der dreitägige Besuch Karsais nach dem Willen der Bundesregierung auch das besondere Engagement Deutschlands für den Wiederaufbau Afghanistans unterstreichen, das noch während des Krieges im Herbst mit der Gastgeberrolle für die Petersberg-Gespräche begonnen hatte.

In der Regierung ist durchaus ein gewisser Stolz darüber zu spüren, dass Deutschland mit Zahlungen von 51 Millionen Euro für humanitäre Hilfe im Jahr 2001 und 80 Millionen Euro für den Wiederaufbau in diesem Jahr von allen EU-Staaten bislang der spendabelste Helfer des gebeutelten Landes ist.

Die rot-grüne Regierung will sich dabei auf Schwerpunkte konzentrieren: den Aufbau der heimischen Polizei (Berlin koordiniert die internationalen Bemühungen, stellt Ausbildungsberater und hilft bei der Errichtung einer Polizeiakademie), den Kampf gegen Hunger, das Gesundheitswesen, die Bildung, die Räumung von Minen sowie die Schaffung zivilgesellschaftlicher und demokratischer Strukturen.

Vor allem die Verbesserung der Lage der Frauen und der Kinder in Afghanistan hält die Koalition für sehr wichtig. Allerdings ist die instabile Sicherheitslage auch da ein Hindernis: Noch immer gelten die Regionen außerhalb Kabuls als so gefährlich, dass das Auswärtige Amt deutschen Entwicklungshelfern abrät, dort hinzufahren. Dabei haben die Menschen in den Provinzen Hilfe oft nötiger als die in der Hauptstadt, wo die Isaf für Ordnung sorgt und sich die Büros der internationalen Hilfsorganisationen konzentrieren.

Am Mittwochabend, dem Ankunftstag, trifft Karsai zunächst Außenminister Joschka Fischer (Grüne), der dann gemeinsam mit ihm an einem repräsentativen Abendessen im Palais am Festungsgraben teilnimmt. Am Donnerstag und Freitag stehen Gespräche mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, Kanzler Gerhard Schröder, Bundespräsident Johannes Rau, Innenminister Otto Schily und der Kreditanstalt für Wiederaufbau auf dem Programm des afghanischen Gastes.

Bei den politischen Gesprächen wird es auch um die Verlängerung des Isaf-Mandates und die Frage gehen, wer die internationale Truppe nach den Briten führen soll. Von deutscher Seite heißt es dazu, zuerst seien die ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA und Großbritannien gefragt, ihre weitere Rolle zu klären.

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