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Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis steckt in einer schwierigen Situation.

© Reuters

Yanis Varoufakis und die Medien: "Lügen, Lügen, Lügen!"

Hat Yanis Varoufakis vertrauliche Gespräche mit seinen EU-Kollegen mitgeschnitten? Eine Journalistin erhebt schwere Vorwürfe gegen den griechischen Finanzminister. Der reagiert wütend - doch das ist längst nicht sein einziges Problem.

Als Yanis Varoufakis am Donnerstagmorgen sein Ministerium in Athen betritt, warten dort schon die Reporter auf ihn. „Es sind alles Lügen, Lügen, Lügen“, schimpft der griechische Finanzminister in die Kameras. „Sie wissen doch gar nicht, was ich gesagt habe.“ Er habe immer „Respekt vor der Vertraulichkeit bewiesen“. Es ist offensichtlich kein guter Morgen für Griechenlands Finanzchef – wieder einmal. Was war passiert? Die Journalistin Suzy Hansen der „New York Times“ behauptet in einem am Abend zuvor veröffentlichten Text folgendes: Varoufakis habe ihr erzählt, er habe Gespräche bei dem vergangenen Euro-Finanzministertreffen in Riga mitgeschnitten. Diese Mitschnitte könnten beweisen, dass er nie als „Spieler und Amateur“ beschimpft worden sei. Er werde sie aber aus Vertraulichkeitsgründen nicht veröffentlichen.

Varoufakis steht nach ergebnislosen Gesprächen unter immensem Druck

Das sitzt. Ein Minister, der vertrauliche Gespräche mitschneidet? Es ist eine weitere Geschichte in den internationalen Medien, in der der angeschlagene griechische Finanzminister aus Athen nicht gut wegkommt. Das Treffen zwischen Varoufakis und der Journalistin soll bereits kurz nach der Euro-Gruppenrunde in Riga Ende April stattgefunden haben – so die griechische Seite. Varoufakis stand nach den ergebnislosen Gesprächen unter immensem öffentlichen Druck, die personelle Umbesetzung im griechischen Verhandlungsteam wurde als Entmachtung interpretiert. Anonyme und nicht näher spezifizierte Quellen berichteten über Beschimpfungen im Kreis der Minister. Varoufakis’ Bemerkung – sollte sie so gefallen sein – war offensichtlich als Selbstverteidigung und Widerspruch gegen diese anonymen Behauptungen gedacht, ging aber erneut nach hinten los. Die griechische Seite blieb am Donnerstag ein klares Dementi schuldig. Aus Ministeriumskreisen heißt es zwar, Varoufakis besitze keine Aufzeichnungen, habe höchstens eigene Vorträge mit dem Handy mitgeschnitten. Offiziell heißt es aber: Kein Kommentar. Oder wie es Varoufakis eher unpräzise formuliert: Lügen, Lügen, Lügen.

Wie schwierig das Verhältnis zu den Medien für Varoufakis inzwischen geworden ist, zeigt aber nicht nur diese heftige Reaktion am Donnerstagmorgen. Am selben Tag erscheint in der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ ein weiteres Porträt, das das angespannte Verhältnis zwischen Varoufakis und dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble schildert. Einige Zitate, in denen Varoufakis sich auf mögliche fehlerhafte Annahmen Schäubles bezieht, werden vorab veröffentlicht. Varoufakis steht damit wieder einmal als lautstarker Kritiker zum ungünstigsten Zeitpunkt da. Kurzum, es läuft nicht gut für ihn. Trotzdem: Während in der Vergangenheit auf Äußerungen des streitbaren Ministers quasi automatisch scharfe Reaktionen anderer EU-Politiker folgten, bleibt es diesmal ruhig. Das deutsche Finanzministerium kommentierte nur kurz: „Ich glaube nicht, dass dem Minister und seinem Denken und Handeln hier Denkfehler zugrunde liegen“, sagte eine Sprecherin. Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte in Reaktion auf den Bericht der „New York Times“ nur, er erwarte von allen Teilnehmern der Sitzungen, Vertraulichkeit zu respektieren. Mehr nicht.

Ohne eine Einigung kann Griechenland die nächste Kreditrate nicht bezahlen

Das kann daran liegen, dass ab Donnerstag – auch in Riga – ein wichtiges Treffen stattfindet. Griechenlands Premier Alexis Tsipras wird mit den anderen EU-Regierungschefs auch über die griechische Finanzsituation sprechen. Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte vorab berichtet, eine (teilweise) Einigung stünde womöglich kurz bevor. Die griechische Regierung könnte sich zu Sparmaßnahmen von bis zu fünf Milliarden Euro verpflichten, dafür könnten umstrittenere Punkte wie die Rentenkürzungen oder die Arbeitsmarktpolitik in den Herbst verschoben werden. Das Rettungspaket könnte so ebenfalls verlängert und die Summen teilweise ausgezahlt werden. Auch von griechischen Politikbeobachtern wird dieses Szenario als realistisch eingeschätzt. Ohne eine Einigung kann Griechenland nach eigenen Aussagen die nächste ausstehende Kreditrate an den Internationalen Währungsfonds von 300 Millionen Euro nicht leisten – wenn die Regierung weiter Gehälter und Renten auszahlen will.

Schäuble schloss eine Staatspleite Griechenlands in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters nicht aus. „Nur die bloße Ankündigung, man sei einer Einigung nahe, ist noch nicht substanziell.“

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