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Politik: Yes, Oui und Nein

Wer steht wo? Die EU-Mitglieder suchen nach einer gemeinsamen Position in der Irak-Debatte

Von Albrecht Meier

In zwei Punkten, so erklärte der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Gunter Pleuger, zu Beginn der Woche in Berlin, in zwei Punkten müssten auch im Europa der Zukunft die Nationalstaaten ihr Veto einlegen können: In institutionellen Fragen und „in Fragen von Krieg und Frieden“. Nun wird niemand bestreiten können, dass ein militärischer Einsatz im Irak eine solche Frage von Krieg und Frieden ist. Und weil dies so ist und weil sich die Europäische Union ohnehin noch lange nicht in der von Pleuger konzipierten Zukunft befindet, redet jeder in der EU in der Irak-Debatte so, wie es ihm gefällt – je nach historischer Verbundenheit mit den USA, je nach militärischer Kapazität und je nach Nähe zum Wahltag. Eine gemeinsame EU-Außenpolitik, die sich auf dem Balkan und im Nahen Osten derzeit erst mühsam herausbildet – in der Irak-Debatte ist sie so gut wie unsichtbar. Aber immerhin werden in der Diskussion unter den EU-Mitgliedstaaten mehrere Trennlinien sichtbar.

Wenn die 15 EU-Mitglieder Beschlüsse in der Außenpolitik fassen, so müssen sie das bislang einstimmig tun. Im EU-Konvent, der sich derzeit in Brüssel mit der künftigen Verfassung für die EU befasst, wird unter anderem auch überlegt, ob das so bleiben muss. So äußerte der französische Konventspräsident Valéry Giscard d’Estaing am Freitag angesichts der dissonanten europäischen Irak-Debatte auch seine Zweifel am bisherigen Einstimmigkeitsprinzip.

Schließlich ist auch Giscard d’Estaing nicht entgangen, dass in der Einschätzung, wie der irakische Staatschef Saddam Hussein eingedämmt werden soll, insbesondere die Positionen in London und Berlin himmelweit auseinander liegen. Bundeskanzler Schröder bekräftigte am Freitag im Bundestag noch einmal, dass sich Deutschland nicht an einer militärischen Intervention im Irak beteiligen werde. Der britische Premierminister Tony Blair steht dagegen fest an der Seite von George Bush. Nachdem der US-Präsident in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung die Vereinten Nationen zu einer harten Haltung gegen den Irak aufgefordert hat, werden in der EU mehrere Lager sichtbar:

Die Ja-Sager: Diese EU-Staaten befürworten einen Militärschlag gegen den Irak selbst für den Fall, dass sich der UN-Sicherheitsrat nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen sollte. Dazu gehört in erster Linie Großbritannien: Der britische Premier Tony Blair würde einen Alleingang der USA auch militärisch unterstützen. Diese Position sicherte der britische Außenminister Jack Straw in seiner Reaktion auf Bushs Rede vor den Vereinten Nationen auch diplomatisch ab: Großbritannien, so erklärte Straw, sei dem internationalen Recht zutiefst verbunden – und der Irak verletze dieses Recht in empörender Weise. Einen Alleingang ohne Abstimmung mit den Vereinten Nationen befürwortet im Notfall auch der spanische Regierungschef José Maria Aznar und möglicherweise auch Silvio Berlusconi. Italiens Regierungschef erklärte nach Bushs UN-Rede, er hoffe, die Vereinten Nationen seien der Aufgabe gewachsen, Saddam zu entwaffnen.

Die Ja-Aber-Sager: Das sind die EU-Staaten, die gegebenenfalls auch einen Militärschlag gegen den Irak unterstützen würden, aber viel deutlicher als Großbritannien und Spanien auf eine Einbindung der Vereinten Nationen pochen. Unter ihnen hat Frankreich bislang die klarste Position eingenommen. Paris hat ein drei- bis vierwöchiges Ultimatum für Saddam vorgeschlagen. Innerhalb dieser Frist, so lautet die Idee, müsse sich der irakische Staatschef bereit erklären, die UN-Inspekteure wieder ins Land zu lassen. Anderenfalls will Frankreichs Staatspräsident einen Militärschlag gegen den Irak nicht ausschließen. Auch Frankreichs Außenminister Dominique de Villepin erklärte am Donnerstag vor der UN-Vollversammlung, dass man die „Konsequenzen ziehen“ müsse, wenn sich der Irak weigere, die Inspekteure ohne Bedingungen wieder zuzulassen. De Villepin machte aber auch deutlich, dass in dieser Situation der UN-Sicherheitsrat über die weiteren Maßnahmen beschließen müsse – „unter Erwägung aller Optionen“. Keine Weltmacht könne sich heute aber allein für das globale Gleichgewicht verantwortlich fühlen, merkte de Villepin weiter an. Dem französischen Außenminister fielen dabei sechs „global player“ ein: Die USA, Russland, China, Japan, Indien – und die EU. Ähnlich wie Frankreich billigen die meisten EU-Staaten dem UN-Weltsicherheitsrat eine ganz entscheidende Rolle zu: Belgien, Dänemark, die Niederlande, Portugal, Schweden, Österreich und Luxemburg.

Die Nein-Sager: Während die EU-Gruppe um Frankreich ein militärisches Eingreifen nicht ausschließt, haben sich andere Mitglieder der Gemeinschaft gegen den Einsatz von Gewalt ausgesprochen. Dazu gehören Deutschland sowie – mit Einschränkungen – Finnland und Irland. Auch der griechische Premier Simitis vertritt eine Position wie der deutsche Außenminister Fischer: Ein Militärschlag, so Simitis, würde „negative Konsequenzen für die gesamte Region“ haben.

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