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Politik: Zahmer Wahlkampf im EU-Musterland

Die Slowenen stimmen über neuen Präsidenten ab

Freibier schäumt in Plastikbechern. Heiße Schwaden ziehen von der Gulaschkanone über den Marktplatz der slowenischen Kleinstadt Kranj. Grüne Mützen mit dem stilisierten Konterfei des Kandidaten zieren die lichten Häupter des eher betagten Publikums. Ordner bahnen den Weg.. „Lojze, Lojze“, rufen die Anhänger dem Präsidentschaftsanwärter zu. Händeschüttelnd und staatsmännisch langsam schreitet Alojz Peterle zum Rednerpult.

Wahlkampf in Slowenien. Sieben Kandidaten buhlen bei der Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag, zu der knapp zwei Millionen Slowenen aufgerufen sind, um die Nachfolge des amtsmüden Präsidenten Janez Drnovsek. Seit dem weitgehenden Rückzug des krebskranken Landesvaters aus der Öffentlichkeit ist das Amt praktisch verwaist. Als klarer Favorit geht der christdemokratische Ex-Premier Peterle ins Wahlrennen. Daneben können sich der von den Liberaldemokraten unterstützte Ex-Notenbankchef Mitja Gaspari und der von den Sozialdemokraten nominierte Rechtsprofessor Danilo Türk Hoffnung auf den Einzug in die Stichwahl am 11. November machen. Außenseiterchancen räumen die stark von einander abweichenden Umfragen allenfalls noch dem nationalistischen Populisten Zmago Jelinic ein.

Zwei der drei Hauptkandidaten seien Professoren, der dritte Ökonom, erklärt Stojan Zitko, Politikredakteur bei der Tageszeitung „Delo“ in Ljubljana, den staatsmännisch zahmen Stimmenstreit im EU-Musterland: „Sehr hart wird der Wahlkampf nicht geführt.“ Peterle sei als der erste Premier des Landes klarer Favorit. Erschwert würden Prognosen durch die große Zahl der Unentschlossenen, sagt Zitko. Zudem sei der Stern der Mitte- rechts-Regierung von Premier Janez Jansa am Sinken: „Man muss abwarten, ob und wie sich das auf das Ergebnis von Peterle auswirkt.“

So betont der bärtige Christdemokrat denn seine Unabhängigkeit. Er wolle als Präsident „kein Politiker, sondern euer Staatsmann“ sein, versichert Peterle den Zuhörern. „Wir dürfen uns nicht auseinanderdividieren lassen und in Linke und Rechte teilen lassen. Ich kenne nur Leute, die sich für Slowenien einsetzen.“

Den ersten Wahlgang werde der Favorit „klar gewinnen“, ist sich dessen Wahlkampfleiter sicher. Doch die Frage sei, was bei der Stichwahl passiere: „Dann ist es wieder Rechts gegen Links. Und das ist angesichts der sinkenden Popularität der Regierung nicht gut für uns.“ Im zweiten Wahlgang könnte es knapp für Peterle werden, glaubt Grega Repovz, der Chefredakteur des Wochenblatts „Mladina“: „Sein Vorsprung schrumpft.“

Thomas Roser[Kranj]

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