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Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und Thomas Walde in Berlin bei der Aufzeichnung des ZDF-Sommerinterviews.

© dpa/ Astrid Schmidhuber

ZDF-Sommerinterview mit CSU-Chef: Horst Seehofers neue Nähe zu den Grünen

Erst wollte der CSU-Chef von Schwarz-Grün überhaupt nichts wissen. Jetzt kann er gar nicht oft genug darüber reden.

Von Antje Sirleschtov

„Extrem unwahrscheinlich“, sagt Horst Seehofer, sei das. Gemeint ist eine Duz-Freundschaft mit dem Grünenpolitiker Anton Hofreiter. Am Sonntagabend im ZDF-Sommerinterview wurde der CSU-Chef nach seiner Nähe zu den Grünen befragt und man durfte natürlich etwas Unfreundliches erwarten. Seehofer hat aus seinem Herzen in der Vergangenheit keine Mördergrube gemacht: Nein, mit den Grünen kann sich der Bayer nicht anfreunden. Winfried Kretschmann, Landeschef im benachbarten Baden-Württemberg, geht gerade noch so. Aber ansonsten: Als „größtes Sicherheitsrisiko Deutschlands“ hat Seehofer die Grünen noch vor einem Jahr bezeichnet. Und koalieren mit denen? Wo denken Sie hin, geht gar nicht.

Seehofer bekräftigt Haltung zur Obergrenze von Flüchtlingen

Neuerdings klingt das ganz und gar anders. Für seine politischen Wendemanöver bekannt lässt Horst Seehofer keine Gelegenheit aus, die Grünen als möglichen Koalitionspartner zu nennen. Botschaft klar: An Bayern soll ein schwarz-grünes Bündnis, womöglich durch Christian Linder von der FDP zur Jamaika-Koalition komplettiert, nicht scheitern. Was, fragt man sich, hat der Seehofer jetzt auf einmal vor?

Zumal: Auch an diesem Sonntag wieder erläutert Seehofer, dass er hinter seiner Obergrenze für den Zuzug von Flüchtlingen steht. Zwar hatte ihm die CDU-Chefin mehrere klare Absagen erteilt. Seehofer hofft aber Trotzdem: „Wir werden uns schon verständigen“. Mit Merkel? Unwahrscheinlich auch am Koalitionstisch. Mit den Grünen? Unvorstellbar. No go. Ist das neuerliche schwarz-grüne Geblinke Seehofers am Ende nichts als ein Trick im Wahlkampf, überhaupt nicht ernst gemeint? Zuzutrauen wäre es dem CSU-Mann: Reden über eine gemeinsame Koalition mit ihm könnte die Grünen Stimmen bei den Wählern kosten, die zwar gern grün wählen, aber am Tag nach der Wahl nicht mit Schwarz-Grün aufwachen wollen.

Gesetzliche Verankerung von Sammelklagen sei "vorstellbar"

Oder hat Horst Seehofer am Ende die Zeichen der Zeit erkannt? Die Energiewende steht vor entscheidenden Jahren, die Verkehrswende bricht sich gerade durch den Diesel-Skandal mit Macht Bahn. Die nächste Legislaturperiode wird zur Periode entscheidender Weichenstellungen beim ökologischen Umbau, massive Auswirkungen auf die Industrie eingeschlossen. Womöglich hat der bayerische Landesvater erkannt, dass die Zeiten des Aussitzens und Verzögerns zu Ende sind. Nun wird zum ewig Gestrigen, wer nicht dabei ist. Und zum Verlierer, wer nicht an den Hebeln der Gestaltung sitzt.

Mit aller Macht hat sich insbesondere die CSU etwa in den vergangen Monaten gegen Sammelklagen gesträubt, die Justizminister Heiko Maas (SPD) per Gesetz gestatten will, vor allem für die Geschädigten des Auto-Skandals. Nun dreht Seehofer bei, „vorstellbar“ sei so etwas, sagt er, weil die Autokonzerne keine Demut zeigten. Spät freilich kommt sie, diese Einsicht, sehr spät. Schließlich ist die Legislatur vorbei, der Gesetzentwurf nichts mehr wert, man muss im Winter von vorne anfangen. Aber ein Ansatz zum Reden mit den Grünen zumindest, die das Klageverfahren zuletzt intensiv unterstützt hatten. Und Offenheit zum Gespräch ist ja bekanntlich das Wichtigste in der Politik. Wenn, ja wenn da nicht die Zweifel am wendige n Seehofer bleiben würden.

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