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Politik: Zehn Thesen sollen die Partei retten

20 Erneuerer schlagen einen Öko-Pakt mit Wirtschaft vor und verlangen "einen anderen Politikstil"Matthias Meisner Die Sorge um das Aus der Partei hat Spitzenpolitiker der Grünen auf den Plan gerufen. Mit zehn Thesen zur Umweltpolitik wollen 20 überwiegend dem realpolitischen Flügel zugerechnete Initiatoren das Image der Grünen in der Öffentlichkeit wieder aufpolieren und die Partei retten.

Von Matthias Meisner

20 Erneuerer schlagen einen Öko-Pakt mit Wirtschaft vor und verlangen "einen anderen Politikstil"Matthias Meisner

Die Sorge um das Aus der Partei hat Spitzenpolitiker der Grünen auf den Plan gerufen. Mit zehn Thesen zur Umweltpolitik wollen 20 überwiegend dem realpolitischen Flügel zugerechnete Initiatoren das Image der Grünen in der Öffentlichkeit wieder aufpolieren und die Partei retten. Die Unzufriedenheit über die Umweltpolitik der rot-grünen Bundesregierung sei ein "Warnsignal", heißt es in dem achtseitigen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt: "Wer dieses Signal übersieht, setzt die Glaubwürdigkeit der Umweltpartei - und damit letztlich auch ihre Existenz - aufs Spiel." An die Stelle von Konflikten müsse verstärkt der Dialog treten. Vorstandssprecherin Gunda Röstel und der umweltpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Reinhard Loske, wollen das Papier heute in Berlin vorstellen.

Die Initiatoren sind der Ansicht, für Erfolge brauche grüne Umweltpolitik "einen anderen Politikstil". Gleichzeitig wird aus ihrem Kreis beteuert, das Papier sei nicht als Kampfansage an Umweltminister Jürgen Trittin zu verstehen, der mehrfach durch seinen kompromisslosen Kurs in die Kritik geraten ist. Die zehn Thesen hat auch Ralf Fücks unterschrieben, der gerade mit der Einladung zu einem Strategietreffen vornehmlich grüner Realpolitiker Ende August in Berlin Furore gemacht hat. Unterschrieben haben auch die Bundestagsabgeordneten Michaele Hustedt und Albert Schmidt, der Frankfurter Umweltdezernent Tom Koenigs, der schleswig-holsteinische Umweltminister Rainder Steenblock und NRW-Bauminister Michael Vesper.

Das Bündnis zur Rettung der Grünen fordert, Umwelt- und Wirtschaftspolitik besser zu verbinden. Ökologischer und wirtschaftspolitischer Erfolg lägen eng beieinander. Grenzwerte und Verbote allein führten kaum weiter, Veränderungen ausschließlich per Anordnung von oben bedeuteten einen "unendlichen Kleinkrieg". "Erfolge sind deshalb nur durch die Kooperation höchst unterschiedlicher gesellschaftlicher Akteure zu erzielen." Gerade die Verursacher von Umweltschäden müssten zur Mitgestaltung eingeladen und ernst genommen werden.

Unterstützen wollen die Reformer neue Bündnisse etwa für Energieeinsparung und Klimaschutz. Unter anderem die Versicherungswirtschaft entwickele sich als "ebenso unerwarteter wie wirkungsvoller" Partner.

Mit den Sprechern der Bundesarbeitsgemeinschaft Ökologie, Arnd Grewer und Jutta Sapotnik, wurden auch Mitglieder des linken Spektrums für den Plan gewonnen. Aus der Parteizentrale wie dem Umweltministerium heißt es, mit anderen Vertretern des linken Flügels werde es ebensowenig Streit geben.

Einige führende Linke wie der Hamburger Umweltbürgermeister Alexander Porschke und NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn lehnten es allerdings ab, die Thesen zu unterschreiben. Zwar enthalte das Papier "viele gute Ansätze", schreibt Höhn in einem dem Tagesspiegel vorliegenden Brief an Loske, doch müssten in die Diskussion das zuständige Bundesministerium und der Fraktionsvorstand einbezogen werden. "Wir haben in letzter Zeit gerade im Umweltbereich zu oft den Eindruck vermittelt, dass wir nicht geschlossen agieren. Gerade deshalb sollten wir alles vermeiden, was nach einem erneuten Streit aussehen könnte." Porschke sagte, er sehe die Grünen "überwiegend in der Rolle der Anwälte für ökologische Interessen und weniger in der Rolle der Moderatoren zwischen Wirtschaft und Umwelt". © 1999

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