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© dpa

Zeitungs-Interview: Wirbel um Blutbad-Äußerungen des Dalai Lama

Der Dalai Lama soll in einem Interview mit der französischen Zeitung "Le Monde" ein Blutbad chinesischer Sicherheitskräfte an Tibetern beklagt haben. Dabei seien 140 Menschen ums Leben gekommen. Die Todeszahl erwies sich im Nachhinein aber als nicht haltbar.

Angebliche Äußerungen des Dalai Lama zu einem Blutbad chinesischer Sicherheitskräfte unter Tibetern sorgen derzeit für Wirbel. Ein Mitarbeiter des religiösen Oberhauptes der Tibeter bestritt im indischen Dharamsala die Angaben, wonach der Dalai Lama in einem Interview mit "Le Monde" von möglicherweise 140 Toten gesprochen habe. "Er hat keine Zahl von Getöteten oder Verletzten genannt, wie in dem Interview berichtet wird", widersprach Chimme Chhoekyapa der Darstellung der französischen Zeitung.

"Le Monde" hatte den Dalai Lama mit den Worten zitiert: "140 Tibeter sollen getötet worden sein, doch diese Zahl muss noch bestätigt werden". Der verantwortliche Journalist Henri Tinqc räumte auf Anfrage einen "professionellen Fehler" ein. Die Zahl stamme von einem Mitarbeiter des Dalai Lama, der sie telefonisch erfahren haben will. Er habe sie dem Oberhaupt der Tibeter in den Mund gelegt, sagte Tinqc.

"Wir haben keine Ahnung"

"Wir haben von friedlichen Protesten und Demonstrationen in der Kham Region gehört, aber wir wissen nichts von irgendwelchen Toten oder Verletzten. Wir haben keine Ahnung", sagte Chhoekyapa zu den Angaben von "Le Monde". Er habe sich auch mit der in Frankreich reisenden Delegation des Dalai Lama kurzgeschlossen. "Seine Heiligkeit hat keine Zahl genannt, weil solche Informationen bekanntlich schwer aus der Region zu bekommen sind."

Das französische Blatt zitiert den Dalai Lama weiter mit den Worten: "Verlässliche Zeugen haben feststellen können, dass seit Beginn der Unruhen am 10. März 400 Menschen alleine in der Region Lhasa getötet wurden. Mit Schüssen getötet, während sie ohne Waffen demonstrierten." Die Zahl der Opfer für ganz Tibet sei viel größer, sagte demnach der Dalai Lama. "Zehntausend Menschen wurden verhaftet. Man weiß nicht, wo sie inhaftiert sind."

Dalai Lama hofft auf Sarkozy

Der Dalai Lama tritt für "eine Autonomie Tibets im Rahmen der Verfassung der Volksrepublik China" ein. Andere Tibeter fordern die Unabhängigkeit. Dazu sagte der Dalai Lama laut "Le Monde": "Wir sind in einer schwierigen Lage, weil dieser Mittelweg, wie man anerkennen muss, bisher nicht viel Früchte gebracht hat." Er hoffe, das der französische EU-Ratspräsident Nicolas Sarkozy nach den Olympischen Spielen Peking konstruktive Vorschläge machen werde. Am Freitag will der Dalai Lama den französischen Außenminister Bernard Kouchner und die Präsidentengattin Carla Sarkozy treffen.

Die chinesische Polizei ist unterdessen erneut gegen Tibet-Aktivisten vorgegangen. Sechs Ausländer wurden wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" zu zehn Tagen Haft verurteilt, teilte die Polizei mit. Nach Angaben der Organisation Studenten für ein freies Tibet wurden in der Nacht zum Donnerstag vier weitere Ausländer, darunter ein Deutsch-Tibeter, festgenommen, als sie in der Nähe des Olympiastadions eine Tibet-Flagge entrollen wollten. (jvo/dpa)

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