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Gute Laune sieht anders aus. Angela Merkel und Wladimir Putin saßen am Freitag beim Petersburger Wirtschaftsforum gemeinsam auf dem Podium. Anschließend bemühten sie sich um eine Schlichtung des Streits um die Beutekunst. Foto: Anatoly Maltsev/dpa

© dpa

Politik: Ziemlich schlechte Freunde Paris forciert Kampf gegen Steuerbetrüger Illegale Konten können mit Haft bestraft werden

Zwischen Deutschland und Russland gibt es viele Streitthemen – die Beutekunst ist eines davon.

Es ist alles wieder gut zwischen dem Kremlchef und der Kanzlerin. Gemeinsam verkündeten Wladimir Putin und Angela Merkel gestern Abend die frohe Botschaft auf einer Pressekonferenz in St. Petersburg. Am Morgen hatte es noch nach einer kleinen Eiszeit in den russisch-deutschen Beziehungen ausgesehen. Obwohl Putins außenpolitischer Berater Juri Uschakow diese noch am Vorabend als „nachhaltig und stabil“ gelobt hatte und die Kanzlerin beim 17. Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg als Ehrengast gelistet war. Eine Auszeichnung, die für ausländische Staatschefs Seltenheitswert hat.

Anschließend wollten beide eine Ausstellung zur Bronzezeit eröffnen. Sie war als glanzvoller Abschluss des Deutschlandjahres in Russland gedacht und ist Teil der Projektes „Europa ohne Grenzen“. In diesem Rahmen hatten deutsche und russische Museen 2007 schon gemeinsam die Ausstellung „Das Gold der Merowinger“ gestaltet. Das Problem: ein Teil der gezeigten Kunstwerke sind Kriegstrophäen, die die Sowjetunion 1945 als Kriegsbeute vereinnahmte. In Deutschland konnte die Schau daher nicht gezeigt werden; die Bundesrepublik wäre verpflichtet gewesen, die Rückkehr der umstrittenen Kunstwerke nach Russland zu verhindern.

Bei der Bronzezeit-Ausstellung liegen die Dinge ähnlich. Rund 600 Exponate sind Kriegstrophäen, Darunter der weltberühmte, 3000 Jahre alte Goldschatz von Eberswalde. Er ist derzeit im Besitz des Moskauer Puschkin-Museums, dessen inzwischen hochbetagte Direktorin, Irina Antonowa, war 1945 selbst Beutekommissarin und ist Wortführerin der Falkenfraktion, die sich seit Jahren gegen eine Restitution sperrt. Bei den Verhandlungen dazu verschlissen sich mehrere bundesdeutsche Kulturstaatssekretäre.

Merkel hatte die russische Seite wissen lassen, dass sie das Problem bei der Ausstellungseröffnung ansprechen werde. Moskau strich daher ihre Rede und auch die Putins. Dieser, so erfuhr die Kanzlerin unmittelbar vor dem Abflug nach St. Petersburg, sei in Terminschwierigkeiten. Daraufhin ließ Merkel ihre Teilnahme an der Ausstellungseröffnung absagen.

Nach einem „direkten Gespräch“ mit dem Gastgeber machte sie dann einen Rückzieher. „Es ist eine wichtige Ausstellung“, sagte sie. „Wir werden dazu noch einmal Stellung nehmen.“ Nichts sei niemals abgesagt worden, sagte Putin schon beim Wirtschaftsforum. Er und Merkel, so zitierte ihn die Moskauer Nachrichtenagentur RIA nowosti, seien sich anfangs nur nicht sicher gewesen, ob genügend Zeit für eine gemeinsame Pressekonferenz und für einen Abstecher in die Eremitage zur Verfügung stehe, wo die Bronzezeit-Ausstellung gezeigt wird.

„Wir sind der Meinung, dass diese Ausstellungstücke wieder zurück nach Deutschland kommen sollen“, sagte Merkel dort. Sie sollten den Eigentümern oder deren Rechtsnachfolgern zurückgegeben werden. Deutschland und Russland hätten nach dem Krieg viel geschafft. Deshalb sei sie hoffnungsfroh, dass auch dieses Problem gelöst werde.

Putin sagte, die Ausstellung zeige, dass die gemeinsamen Wurzeln Russlands und Deutschlands in die Bronzezeit zurückgingen. „Was macht es einem ganz normalen Bürger aus, wo die Kulturgüter zu sehen sind – in Berlin, Sankt Petersburg, Moskau oder in der Türkei.“

Zuvor hatte er davor gewarnt, das Problem Beutekunst – in Russland wird der Tatbestand diskret mit „Verlagerung von Objekten durch Kriegsfolgen“ umschrieben – aufzubauschen. Stattdessen sollte man sich lieber in die Richtung bewegen, die Kunstspezialisten aus beiden Staaten eingeschlagen haben: Präsentation der Kunstwerke vor möglichst breitem Publikum. Erst nach Putins wegweisenden Worten berappelten sich staatsnahe russische Medien von ihrer Sprachlosigkeit. Zuvor hatten sie weder den Eklat noch Merkels Besuch erwähnt.

Kritische Experten dagegen erklärten Merkels Rücknahme des Rückziehers mit wachsender Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen. Ihren Bedarf an Erdgas deckt die Bundesrepublik zu 45 Prozent aus Russland, bei Öl sind es immerhin 23. Vor allem dadurch verfehlte der gegenseitige Handelsaustausch 2012 nur knapp die Rekordmarke von 74 Milliarden US-Dollar. Putin hält sogar 100 Milliarden im Jahr für realistisch. „Unsere Kooperation entwickelt sich in allen Richtungen dynamisch.“ War da was mit Bronze?

Paris - Frankreich verschärft den Kampf gegen Steuerbetrüger. Ein neues Gesetz, über das jetzt erstmals im Parlament beraten wurde, sieht härtere Strafen für illegale Konten im Ausland vor. Diese können in schweren Fällen bis zu sieben Jahren Haft und zwei Millionen Euro Geldbuße reichen. Die Steuerfahndung soll durch die Einrichtung einer spezialisierten Staatsanwaltschaft zentralisiert und die Ermittlungen etwa durch den Zugriff auf Kontenlisten von Banken erleichtert werden. Staaten, die sich dem automatischen Steuer-Informationsaustausch verweigern, will die Regierung auf eine „schwarze Liste“ setzen. Bei dieser Drohung hat Paris, wie die Zeitung „Le Monde“ berichtet, europäische Länder wie die Schweiz und Österreich im Auge.

Das Gesetz ist die Folge der Affäre um Budgetminister Jérôme Cahuzac, der wegen illegaler Konten in der Schweiz und Singapur zurückgetreten war. Über Monate hin hatte er die Existenz der Konten in der Öffentlichkeit wie auch im Parlament und vor allem gegenüber Präsident François Hollande bestritten – und damit dem ohnehin angeschlagenen Ansehen der Politiker bei den Franzosen weiteren Schaden zugefügt.

Mit dem schärferen Vorgehen gegen Steuerbetrüger hofft die Regierung aber auch auf zusätzliche Einnahmen für die öffentlichen Kassen. 2009 hatte die frühere konservative Regierung Steuerflüchtlingen eine Möglichkeit zur Rückholung illegaler Auslandsguthaben eröffnet und so sieben Milliarden Euro kassiert. Steuerflüchtlinge konnten damals mit dem Finanzministerium über die Höhe von Steuernachzahlungen und Säumniszuschlägen verhandeln. Strafen blieben ihnen erspart. „Eine Amnestie wird es diesmal nicht geben“, erklärte nun Budgetminister Bernard Cazeneuve. Nur wer sich offenbare, könne mit Milde rechnen. Wem der Fiskus auf die Spur kommt, müsse indes mit der vollen Härte des Gesetzes rechnen. Hans-Hagen Bremer

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