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Politik: Zorn auf die Bebenforscher

US-Kongress untersucht, warum eine Behörde nicht die Richtigen warnte

Warum wurde keiner gewarnt? Die Frage drängt sich auf. Die Flutwelle war zwar schnell, musste aber große Distanzen überwinden. Einige Länder erreichte sie erst mehr als zwei Stunden nach dem Erdbeben. Hätten also Zehntausende Menschen gerettet werden können? In den USA hat die Katastrophe eine politische Wende genommen. Im Kongress sind Anhörungen geplant. „Wichtige, lebensrettende Informationen“ seien nicht weitergeleitet worden, schimpft Olympia Snowe, ein republikanischer Senator aus Maine. Auch John Kerry, der bei den Präsidentschaftswahlen unterlegene Kandidat der Demokraten, will aktiv werden.

Der Zorn der Abgeordneten richtet sich gegen die „National Oceanographic and Atmospheric Administration“ (NOAA). Die betreibt ein Erdbeben- und Tsunami-Frühwarnsystem auf Hawaii. Dort wurde das schwere Beben, das sich am Weihnachtstag westlich von Sumatra ereignete, registriert. Exakt 15 Minuten später wurde ein Bulletin an jene 26 Nationen im Pazifik verschickt, die im „Pacific Ocean Tsunami Warning System“ verbunden sind. Von den betroffenen Ländern standen nur Indonesien und Australien auf der Liste, nicht aber Indien, Sri Lanka oder die Malediven.

In dem Bulletin hieß es, die Gefahr einer Flutwelle bestehe für die 26 Pazifikländer nicht. Fünfzig Minuten später aktualisierte die US-Behörde ihre Informationen: Ein Tsunami in der Nähe des Epizentrums des Bebens sei möglich. Fast eine halbe Stunde später kontaktierte die NOAA die Behörden in Australien, die umgehend ihre Kollegen in Indonesien informierten. Erst zweieinhalb Stunden nach dem Beben erfuhren die NOAA-Mitarbeiter aus dem Internet, dass eine riesige Flutwelle Sri Lanka erreicht hat.

Schlamperei, gar Fahrlässigkeit? Gut eine Stunde nach dem Beben waren Indonesien und Australien gewarnt, nicht aber die anderen neun Länder, die der Tsunami heimsuchte. Bei der NOAA verteidigt man sich. Im Indischen Ozean habe man keine Ansprechpartner gehabt, es hätten schlicht die notwendigen Telefonnummern gefehlt. Außerdem sei das System, mitsamt seiner Ausrüstung und den Ressourcen, nur auf den Pazifik ausgerichtet. Man arbeite eben nicht weltumspannend.

Für Ozeanographen ist die Sache ohnehin kompliziert. Nicht auf alle Beben folgt eine Flutwelle. Andererseits können selbst kleine Beben sehr große Tsunamis produzieren. Ein schweres Beben zu registrieren, heißt noch nicht, eine Flutwelle prognostizieren zu können. Der Chef der NOAA, Conrad Lautenbacher, hat dennoch eine interne Untersuchung eingeleitet.

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