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Politik: Zu viele Fischer, zu wenige Fische

EU-Staaten können sich vorerst nicht auf geringere Fangquoten einigen

Die EU-Fischereiminister haben die Wahl: Entweder sie schicken bis Ende 2004 rund 28 000 Fischer in den Ruhestand oder in die Arbeitslosigkeit. Oder in zwei bis drei Jahren verlieren fast alle der rund 200 000 europäischen Fischer ihre Jobs. Deshalb ist es nicht überraschend, dass sich beim EU-Ministerrat, der seit Montag in Brüssel zäh über eine Reform der Fischereipolitik verhandelt, kaum etwas bewegt. Den Grund für die Krise hat Fischereikommissar Franz Fischler schon vor einem guten Jahr in seinem so genannten Grünbuch eindeutig benannt: In Europa gibt es viel zu viele Kutter und deshalb inzwischen viel zu wenig Fisch.

Deshalb haben spanische Fischer schon längst damit begonnen, die Küstengewässer vor Westafrika leer zu fischen – mit verheerenden Folgen für die Ernährungslage in den betroffenen Ländern, die daran allerdings nicht unschuldig sind. Denn sie haben bereitwillig Fischereiabkommen mit den Europäern abgeschlossen und erkennen nun erst, dass das nicht zu ihrem Vorteil war. Doch das Offensichtliche, wie etwa die Erkenntnis, dass der Kabeljau vor dem Aussterben steht, hat noch nicht zu höherer Einsicht geführt.

Zwar bemühen sich vor allem die deutsche Ministerin Renate Künast und ihr Kollege aus Österreich um ein Fangverbot für den Kabeljau, die Streichung von Subventionen für neue Fischkutter und Schutzgebiete für gefährdete Fischarten. Doch werfen ihnen ihre Kollegen aus Frankreich, Spanien, Portugal, Italien und Griechenland, die sich zur Gruppe der „Freunde der Fischerei“ zusammengeschlossen haben, vor, dass sie leichter reden haben als sie selbst. Denn vor allem Spanien und Frankreich fürchten ihre zunehmend verzweifelten Fischer. Und dort geht es nicht nur um große Fischereiflotten, es geht im Falle Frankreichs auch um viel Geld aus der Brüsseler Kasse für die Modernisierung der Schiffe. Vor einer Woche haben die bretonischen Fischer mit einer Blockade des Ärmelkanals einen Vorgeschmack auf ihre Kampfbereitschaft gegeben. Eine wohl nicht ganz versehentlich abgefeuerte Rakete von einem der Schiffe setzte das Dach eines Meeresmuseums in Brand. Symbolischer geht es kaum.

Um das Ende der europäischen Fischerei abzuwenden, müssten die Fischereiminister die Fangquoten drastisch vermindern und endlich ihr Versprechen wahr machen, die Fischereiflotten zu verkleinern. Am Donnerstagabend trafen sie sich nach endlosen bilateralen Gesprächen wieder, um in einer sehr langen Nacht zu einem Kompromiss zu kommen. Vor dem Morgengrauen rechnete in Brüssel niemand mit einem Ergebnis – falls überhaupt. Der französische Fischereiminister Hervé Gaymard schlug schon vor der Schlussrunde vor, das Problem den EU-Regierungschefs zu überlassen, falls sich der Fischereirat nicht einigen kann. Die Forderung Franz Fischlers, den Zusammenbruch der Kabeljaubestände als Mahnung dafür zu nehmen, „was passiert, wenn wir das Steuer nicht herumreißen“, ist bis zum späten Donnerstag noch nicht auf fruchtbaren Boden gefallen.

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