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Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire.

© Ludovic Marin/AFP

Update

Zukunft der EU: Frankreichs Finanzminister warnt vor Zerfall der Euro-Zone

Bei einem Besuch in Berlin wirbt Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire für eine Stärkung der Währungsunion - und warnt vor deren Auseinanderbrechen.

Für den studierten Germanisten Bruno Le Maire ist es nicht schwer, sich ein Bild vom Kurs der FDP zu machen. Er habe alle Interviews des FDP-Chefs Christian Lindner gelesen, sagte Frankreichs Wirtschafts- und Finanzminister Le Maire am Mittwoch bei einem deutsch-französischen Forum der Zeitungen „Handelsblatt“ und „Les Echos“ in Berlin. Die Haltung der FDP ist in Frankreich insofern von Interesse, als Staatschef Emmanuel Macron gesagt haben soll: „Wenn Merkel sich mit den Liberalen verbündet, bin ich tot.“ Mitten in den laufenden Jamaika-Gesprächen traf sich Le Maire am Mittwoch nun mit dem geschäftsführenden Finanzminister Peter Altmaier (CDU), dem CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble auf der Seite der Union, Grünen–Chef Cem Özdemir – und eben mit Lindner, dessen Partei Macrons Pläne für neue Finanztöpfe in der Euro-Zone äußerst skeptisch sieht. Die bestehenden Differenzen mit Lindner „sind nicht unüberwindbar“, sagte der Finanzminister aus Frankreich nach dem Treffen mit dem FDP-Chef vor Journalisten.

Le Maire sprach mit Lindner über Euro-Rettungschirm ESM

Bei dem Gespräch tauschte sich Le Maire mit Lindner ausgiebig über den Euro-Rettungsmechanismus ESM aus. Möglicherweise rannte er damit ein Tür ein, die zumindest schon ein Spaltbreit geöffnet ist: Während die Liberalen noch im Wahlkampf eine Abschaffung des ESM gefordert hatten, aus dem das demnächst auslaufende Griechenland-Hilfspaket finanziert wird, so deutete FDP-Vize Wolfgang Kubicki zuletzt Kompromissbereitschaft an. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstützt ohnehin Pläne, den ESM zu einem Europäischen Währungsfonds auszubauen, der Euro-Krisenstaaten im Notfall helfen könnte. In dieselbe Richtung gingen am Mittwoch nun auch die Überlegungen des Franzosen Le Maire. „Wir sind der Auffassung, dass die Euro-Zone immer noch einen starken Europäischen Stabilitätsmechanismus benötigt“, sagte er.

Frankreich will keine "gewaltige Fiskalkapazität"

Auf größere Bedenken stößt in Berlin allerdings die Überlegung Macrons, die Euro-Zone mit einem eigenen Budget auszustatten. Statt des Reizworts des „Euro-Zonen-Budgets“ sprach Le Maire in Berlin von einer „Fiskalkapazität“ für gemeinschaftliche Investitionen und zur Abwendung unvorhergesehener Notlagen in einzelnen Mitgliedstaaten. „Frankreich hat nie vorgeschlagen, eine gewaltige Fiskalkapazität zu schaffen“, stellte er klar. In Paris hoffe man, dass der Koalitionsvertrag einer neuen Bundesregierung so formuliert sei, dass eine Fiskalkapazität nicht von vornherein ausgeschlossen sei. Ansonsten gebe es auf EU-Ebene anschließend keinen Bewegungsspielraum mehr. „Das ist ein kritischer politischer Punkt“, betonte Le Maire.

Le Maire fordert "einen zusätzlichen Schritt" bei EU-Integration

Nach den Worten von Le Maire befindet sich die Euro-Zone an einer Wegscheide. Entweder legten die Mitgliedstaaten den Rückwärtsgang ein und gäben das Projekt der Gemeinschaftswährung auf. Er unterstütze diese Option zwar nicht, aber eine derartige Entscheidung wäre „schlüssig“, sagte der Finanzminister. Um der Gefahr einer Auflösung der Währungsunion zu begegnen, sei es deshalb an der Zeit, „einen zusätzlichen Schritt“ bei der europäischen Integration zu gehen.

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