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Wladyslaw Bartoszewski

© dpa/Patrick Pleul

Zum Tode von Wladyslaw Bartoszewski: Ein unbeugsamer Kämpfer für die Freiheit

Die Nazis sperrten ihn ein - dennoch setzte sich Wladyslaw Bartoszewski für die Aussöhnung seiner Heimat Polen mit den Deutschen ein. Die historische Wahrheit war der Maßstab des früheren polnischen Außenministers, der nun im Alter von 93 Jahren starb.

Er war ein Kämpfer für die Freiheit. Ebenso unbeugsam trat der polnische Patriot, Katholik und Moralist für Versöhnung ein – nur durfte die historische Wahrheit dabei nicht geopfert werden, da konnte Wladyslaw Bartoszewski, der am Freitag im Alter von 93 Jahren in Warschau starb, nachtragend sein.

Die Nazis und die Kommunisten haben ihn eingesperrt. Mit den Deutschen fand er den Weg zur Verständigung, auch weil die ihn immer wieder einluden, ihnen seine Sicht auf die Geschichte zu erzählen. In den 1980er Jahren, als in Polen die Freiheitsbestrebungen der Gewerkschaft Solidarnosc zunächst gescheitert waren, lehrte er als Gastprofessor in München, Eichstätt und Augsburg. 1986 erhielt er den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. 1995 sprach er, inzwischen Außenminister eines freien Polen, wenige Tage vor dem 50. Jahrestag des Kriegsendes, im Bundestag.

Schwieriges Verhältnis zu den Russen

Mit den Russen tat er sich schwerer – und die mit ihm. Denn da fielen die Geschichtsbilder weit auseinander. Er sehe keinen Grund zu bedauern, dass Wladimir Putin dem 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee fern bleibe, sagte Bartoszewski im Januar bei seinem letzten Besuch in Berlin. Putin wolle nur Russlands Rolle und damit sich selbst loben. An solchen Jahrestagen müsse ein ehemaliger Häftling die zentrale Rede halten. Zum 60. Jahrestag 2005 hatte er selbst eine viel beachtete Rede gehalten.

Bartoszewski war im September 1940 als Häftling 4427 nach Auschwitz gekommen, da war er 18. Zur selben Zeit, als die Nazis das KZ zunächst für polnische Häftlinge bauten, erschossen die Sowjets in Katyn Zehntausende polnische Offiziere; das dürfe man nicht verschweigen, sagte er. Schwer erkrankt wurde Bartoszewski 1941 auf Intervention des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz entlassen.

Er schloss sich der Untergrundorganisation Zegota zur Rettung polnischer Juden an und kämpfte 1944 im Warschauer Aufstand. Die Aufständischen hofften auf Unterstützung durch die Rote Armee, die bereits am anderen Weichselufer stand. Doch die wartete auf Stalins Geheiß ab, bis die SS den Aufstand niedergeschlagen hatte. Polen wurde zum Satelliten der UdSSR, Bartoszewski kam für die nächsten Jahre in ein kommunistisches Gefängnis.

Außenminister seiner Heimat

Im Tauwetter nach Stalins Tod kam er frei und lernte als Journalist für katholische Medien deutsche Christen der Aktion Sühnezeichen kennen. Aussöhnung über die Kirche wurde zu seinem Lebensthema. Nach der Wende war er Polens Botschafter in Wien und zwei Mal Außenminister, 1995 und 2000 bis 2001, jeweils nur für kurze Zeit. 1995 trat er nach wenigen Monaten zurück, als der Ex-Kommunist Aleksander Kwasniewski zum Staatspräsidenten gewählt wurde; zu dem habe er kein Vertrauen, sagte er zur Begründung. 2001 endete seine zweite Amtszeit nach 15 Monaten, als die bürgerliche Koalition unter Jerzy Buzek die Wahl gegen den Sozialisten Leszek Miller verlor.

Aus seiner Zeit als Botschafter in Wien von 1990 bis 1995 erzählte er gerne über sein Verhältnis zum damaligen russischen Botschafter. Der habe ihn eines Tages angesprochen: „Wir müssen uns unbedingt mal treffen.“ Worauf er, Bartoszewski, ihm geantwortet habe: „Treffen können wir uns gerne. Aber müssen müssen wir gar nichts mehr!“

In den letzten acht Jahren seit 2007 war Bartoszewski außenpolitischer Berater der polnischen Regierungschefs Donald Tusk und Ewa Kopacz und zugleich Beauftragter für die deutsch- polnischen Beziehungen.

"Mann der Weitsicht und des Muts"

Polens Präsident Bronislaw Komorowski ließ die polnische Fahne am Warschauer Präsidentenpalast als Zeichen der Trauer auf halbmast setzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte Bartoszewski als „Mann der Weitsicht und des Muts“. Er habe mit einer besonderen, zuweilen auch streitbaren, Autorität „von uns immer wieder neue Bemühungen um die Stärkung der Bindungen unserer beiden Länder“ eingefordert.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte, die Nachricht von Bartoszewskis Tod mache ihn sehr traurig. „Sein bewegtes und erfülltes Leben spiegelt all den Schrecken des 20. Jahrhunderts genauso wider wie das Glück der wiedergewonnenen Freiheit und Selbstbestimmung seiner geliebten polnischen Heimat."

Komorowski nannte den Tod Bartoszewskis einen „großen Verlust für Polen“. Dieser sei ein vorbildlicher Mensch gewesen, „der sein ganzes Leben in den Dienst für das Vaterland gestellt hat“. Im Zweiten Weltkrieg und in der Zeit des Kommunismus habe er für die Freiheit Polens gekämpft. Zudem würdigte er seine „große Rolle bei der polnisch-deutschen Versöhnung“. Bartoszewski war nach einem Schwächeanfall in einem Warschauer Krankenhaus gestorben.

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