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Politik: Zur falschen Zeit am falschen Ort

Ein britischer Rucksacktourist landete in Guantanamo – nach der Freilassung will er London und die USA verklagen

Zugezogene Vorhänge am Wohnhaus von Asif Iqbal in Tipton und ein säuberliches A 4-Blatt mit Hinweisen für Journalisten: Die Presse möge sich mit dem Rechtsanwalt der Familie Iqbal in Verbindung setzen. Mit diesen dürren Fakten müssen sich die britischen Medien unmittelbar nach der Freilassung von fünf der neun britischen Guantanamo-Häftlinge begnügen. Es scheint aber nur eine Frage des Preises zu sein, wer am Ende die Geschichte der Guantanamo-Heimkehrer veröffentlichen kann.

Vier freigelassene Häftlinge im Alter zwischen 22 und 26 Jahren wurden auf der Grundlage eines Anti-Terror-Gesetzes bei ihrer Ankunft in Großbritannien erneut festgenommen und zu einer besonders gesicherten Polizeiwache in London gebracht. So wurde auch Asif Iqbal in der Paddington-Polizeistation in London verhört. Aber die Freilassung der vier Männer ist nur eine Frage der Zeit. Dann wird über sie ein Mediensturm losbrechen. „Der Bietkampf hat bereits begonnen“, meint ein Medienbeobachter. Mit Exklusivinterviews über ihre Zeit in Guantanamo Bay dürften die Ex-Häftlinge Zehntausende Pfund verdienen.

„Eine Scharade“, schimpfte einer der Rechtsanwälte nach der Festnahme der vier Guantanamo-Heimkehrer. „Innenminister Blunkett selbst hat ja zugegeben, dass sie nicht gefährlich sind. Sonst wären sie von den Amerikanern ja gar nicht freigelassen worden“. 14 Tage lang können sie nun verhört werden, dann müssen sie einem Richter vorgeführt werden.

Der fünfte der Rückkehrer, Jamal al Harith oder Jamal Udeen, der vor seiner Bekehrung zum Islam als Ronald Fiddler bekannt war, wurde vier Stunden nach der Landung am Dienstagabend freigelassen und in einer Fahrzeugkolonne unter Polizeischutz in hohem Tempo weggefahren. Am Mittwoch traf der Vater von drei Kindern zunächst mit seinen beiden Schwestern zusammen. Später sollte er zum erstenmal seit 2001 wieder seine drei Kinder und seine Ex-Frau sehen.

Durch seinen Rechtsanwalt ließ er eine geharnischte Erklärung abgeben. „Er wurde als Unschuldiger zwei Jahre seiner Freiheit beraubt. Er wurde grausam, unmenschlich und erniedrigend behandelt und will von den Behörden eine Antwort.“ Al Harith will die britische und die amerikanische Regierung auf Schadenersatz verklagen. Seine schnelle Freilassung spricht für seine Unschuld. Berichten zufolge war er als Rucksacktourist in Pakistan unterwegs, ließ sich dann von einem Lastwagenfahrer ins Talibangebiet mitnehmen und wurde von den Taliban als Spion verhaftet. Die Amerikaner sollen ihn in einem Talibangefängnis aufgegriffen haben. „Er war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort“, so ein Freund der Familie.

Im Zentrum des Medienrummels stehen aber die so genannten „Tipton Taliban“, die Jugendfreunde Asif Iqbal und Ruhal Ahmed, beide 22, und Shafiq Rasul, 26. Der Labour-Abgeordnete von Tipton, Adrian Bailey, bezeichnete die Inhaftierung der drei als „völlig gerechtfertigt“. Die Polizei will nicht nur wissen, was die drei in Afghanistan machten, sondern wer die Reise dorthin organisierte. Eine Anklageerhebung wird den Strafverfolgungsbehörden aber schwer fallen. Die drei haben keine Vergehen auf britischem Boden begangen.

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