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Politik: Zurück ins Mittelmeer

Cap-Anamur-Chef Bierdel wehrt Kritik ab und will weiter Flüchtlinge retten

Berlin - Auf Reklameschilder hatten die Männer von der Cap Anamur diesmal verzichtet. Vier Tage nach ihrer Haftentlassung in Italien stellten sich der Chef der Hilfsorganisation, Elias Bierdel, und Kapitän Stefan Schmidt am Dienstag in Berlin den Fragen von Journalisten. Als er auf Sizilien von Bord ging, trug Bierdel ein weißes T-Shirt mit dem Schriftzug seiner Organisation – ebenso wie die 37 afrikanischen Flüchtlinge, die seine Crew Ende Juni im Mittelmeer aufgelesen hatte. In Berlin erscheint er im blauen Oberhemd, Schmidt im schwarzen Sakko. Kein Hinweis auf Cap Anamur.

Reue zeigen die beiden, denen Beihilfe zur illegalen Einwanderung vorgeworfen wird, nicht. „Ich bin stolz auf die kleine Organisation, in der ich mitarbeiten darf“, sagt Bierdel und macht dann klar, worüber er reden will: Über ein Thema, das dank der Aktion der Cap Anamur ins öffentliche Interesse gerückt sei. „Was ist mit den Menschen, die jeden Tag im Mittelmeer verschwinden?“ Neue Sachlichkeit statt Megafon-Aktionismus lautet seine Devise.

Bierdel hat Verstärkung mitgebracht: Leute, die sich mit Asylfragen und der Situation im Mittelmeer auskennen. Ein Vertreter von Pro Asyl und ein Reeder erläutern die „Schutzlücken“ auf See. Kapitäne seien verpflichtet, Schiffen in Seenot zu helfen. Doch viele Küstenländer weigerten sich, gerettete Flüchtlinge aufzunehmen, erklären sie. So war es auch der Cap Anamur ergangen, die die 37 Afrikaner zufällig bei einer Probefahrt nach einem Reparaturstopp in Malta entdeckt haben will. Laut Bierdel sollte das Schiff ursprünglich Hilfsgüter nach Westafrika bringen. Tagelang schipperte es dann vor der italienischen Küste herum, während Italien und Malta über die Zuständigkeit stritten. Dennoch lag der Fall bei der Cap Anamur anders. Bierdel ging an Bord und mit ihm ein Kamerateam. Seither wird über die Rettungsfahrt gestritten.

Hat Bierdel eine PR-Aktion inszeniert? Sein Vorgänger Rupert Neudeck distanzierte sich, Freimut Duve aus dem Förderkreis der Cap Anamur warf Bierdel vor, dem Schiff ein Reklameschild umgehängt zu haben und legte ihm den Rücktritt nahe. Bierdel sieht „ihnen die Kritik nach“ und schimpft auf das ARD-Magazin „Panorama“, das einen „miesen Schmierenbeitrag“ über Cap Anamur gesendet habe. Dieser habe Neudeck und Duve negativ beeinflusst.

Auf Fragen zum Zickzackkurs der Cap Anamur, wann versucht wurde, welchen Hafen anzulaufen, geht Bierdel nur unwillig ein. „Ich erspar’ ihnen die Details“, lautet eine seiner Antworten. „Was aus der Aktion geworden ist, ist sicher kein Erfolg“, räumt er ein. Doch sei noch keiner der geretteten Flüchtlinge aus Italien abgeschoben worden. 14 sitzen zwar in Abschiebehaft, die übrigen 23, so wurde am Dienstag gemeldet, werden aus „humanitären Gründen“ aber zunächst bleiben dürfen. Für Bierdel Grund genug weiterzumachen. Wenn die beschlagnahmte Cap Anamur freigegeben wird, will er wieder raus aufs Mittelmeer.

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