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Politik: Zurück zum Absender

Angereichertes Uran aus früherem DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf nach Russland ausgeflogen

Der Protest gegen den brisanten Atomtransport war überschaubar. Als in der Nacht zum Montag der mit 18 Spezialbehältern beladene Sattelschlepper aus dem früheren DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf zum Dresdner Flughafen rollte, gab es nur eine kurze Verzögerung: Knapp ein Dutzend Kernkraftgegner hatte mit ihren Autos gegen 2 Uhr 40 eine Kreuzung in Radeberg blockiert. Der von mehreren hundert Sicherheitskräften begleitete Konvoi musste daraufhin einen kleinen Umweg fahren, erreichte aber nach knapp einer Stunde ohne weitere Zwischenfälle den Dresdner Flughafen.

Kurz vor acht Uhr hob eine russische Spezialfrachtmaschine Richtung Osten ab. Zielort: die russische Atomanlage „Luch“ in Podolsk bei Moskau. Nach Angaben der sächsischen Landesregierung hatte die Iljuschin mehr als 300 Kilogramm überwiegend hoch angereichertes Uran an Bord. Bei ausreichender Reinheit kann hoch angereichertes Uran zum Bau von Atombomben verwendet werden.

Der rund eine Million Euro teure Transport sei sicher, hatten deutsche Behörden immer wieder beteuert. Der mit der Entsorgung des Standortes Rossendorf beauftragte Verein für Kernverfahrenstechnik und Analytik (VKTA) betonte, es handle sich um unbenutzte Uranbrennelemente, Strahlung spiele kaum eine Rolle. Mit dem Flugzeug könne weniger passieren als auf Straße oder Schiene, hieß es. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte vor wenigen Wochen die Genehmigung erteilt. Kernkraftgegner und Umweltschützer hatten dagegen vor dem Transport gewarnt. Die Risiken seien unkalkulierbar. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte argumentiert, der Ausgang eines Absturzes mit radioaktiver Ladung könne bislang überhaupt nicht prognostiziert werden.

In Dresden wollten die Verantwortlichen nach dem Start darüber nicht mehr sinnieren. Sachsens Wissenschaftsministerin Barbara Stange (SPD) erklärte, sie sei erleichtert über den Abtransport. Nur so sei eine komplette Entsorgung des Standortes Rossendorf auf absehbare Zeit möglich, blieben doch dem Land weitere Investitionen in die Sicherheit erspart. Zwar gibt es noch immer jede Menge Atommüll in Rossendorf, unter anderem verstrahlten Schrott und natürliches Uran. Die als besonders kritisch geltenden Brennstäbe sind dagegen jetzt komplett abtransportiert. Bereits 2005 waren 951 abgebrannte Stäbe ins westdeutsche Zwischenlager Ahaus gebracht worden.

Der jüngste Transport ist Teil eines internationalen Programms, mit dem gefährliches Atommaterial weltweit aus dem Verkehr gezogen werden soll, um es nicht in die Hände von Terroristen fallen zu lassen. Das ursprünglich aus Russland stammende Material soll in Podolsk nun so aufbereitet werden, dass es künftig als Brennstoff für Kernkraftwerke dient. Der Rossendorfer Reaktor russischer Bauart war 1991 aus Sicherheitsgründen stillgelegt worden. Damals begann auch die atomare Entsorgung der Forschungsanlage.

Lars Rischke[Dresden]

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