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Evo Morales, Ex-Staatspräsident von Bolivien

© dpa/Juan Karita

Update

Zurückgetretener Präsident Boliviens: Morales flüchtet ins Exil nach Mexiko

Boliviens Ex-Präsident Morales hat sein Land verlassen, will aber „mit mehr Kraft“ zurückkommen. Die Armee geht gegen gewaltsame Proteste seiner Anhänger vor.

Nach seinem Rücktritt ist der bolivianische Ex-Präsident Evo Morales eigenen Angaben zufolge ins Exil in Mexiko aufgebrochen. „Schwestern und Brüder, ich breche nach Mexiko auf“, schrieb er am Montag auf Twitter. „Es schmerzt mich, das Land aus politischen Gründen zu verlassen, aber ich werde mich immer kümmern. Bald komme ich mit mehr Kraft und Energie zurück.“

Die mexikanische Regierung bestätigte, dass sich Morales an Bord einer Sondermaschine befand. „Evo Morales ist in dem Flugzeug der mexikanischen Regierung, das geschickt wurde, um seinen sicheren Transport in unser Land gewährleisten“, schrieb Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard auf Twitter. Zuvor hatte Mexiko erklärt, Morales aus humanitären Gründen Asyl zu gewähren. Das Leben des Ex-Präsidenten sei in Bolivien in Gefahr, sagte Ebrard.

Auf Druck des Militärs war Morales am Sonntag nur drei Wochen nach seiner umstrittenen Wiederwahl zurückgetreten. Der Sozialist hatte sich nach der Abstimmung am 20. Oktober zum Sieger in der ersten Runde erklärt, obwohl die Opposition und internationale Beobachter erhebliche Zweifel anmeldeten. Seine Gegner warfen ihm Wahlbetrug vor.

Auf dem Weg nach Mexiko: Evo Morales
Auf dem Weg nach Mexiko: Evo Morales

© AFP/Handout/Mexican Foreign Ministry

Morales ruft zu „Dialog und Einigung“ auf

Nach dem Rücktritt von Morales treiben marodierende Banden in dem südamerikanischen Land ihr Unwesen - jetzt wollen die Militärs dem Spuk ein Ende bereiten. „Die Soldaten werden gemeinsam mit der Polizei Operationen durchführen, um Blutvergießen und Trauer zu verhindern“, sagte der Kommandeur der Streitkräfte, Williams Kaliman. „Wir werden angemessene Gewalt anwenden gegen Vandalen-Gruppen, die Schrecken unter der Bevölkerung verbreiten.“

Aufgebrachte Anhänger des früheren Präsidenten plünderten nach Medienberichten Geschäfte, errichteten Barrikaden und legten Feuer. Im Regierungssitz La Paz und der Schwesternstadt El Alto wurden bei gewalttätigen Zusammenstößen mindestens 20 Menschen verletzt, wie die Zeitung „La Razón“ berichtete.

Der bei den jüngsten Wahlen unterlegene Präsidentschaftskandidat Carlos Mesa schrieb auf Twitter: „Viele Leute warnen mich, dass ein Mob zu meinem Haus zieht, um es zu zerstören. Ich bitte die Polizei, das zu unterbinden.“ Auch Morales beklagte, dass seine Häuser in La Paz und in Cochabamba von Anhängern der Opposition angegriffen worden seien.

Auf Twitter rief der Ex-Präsident seine Landsleute zur Mäßigung auf. „Mit viel Liebe und Respekt bitte ich mein Volk, sich nicht auf die Gewalt jener Gruppen einzulassen, die den Rechtsstaat zerstören wollen. Wir bolivianischen Brüder dürfen uns nicht bekämpfen. Ich rufe alle dringend dazu auf, die Differenzen mit Dialog und Einigung zu überwinden“, schrieb er.

Die erste Nacht nach seinem Rücktritt verbrachte Morales offenbar in einem einfachen Haus in seiner Hochburg Cochabamba. Er veröffentlichte auf Twitter ein Foto, das ihn auf einer Wolldecke auf dem Boden eines schmucklosen Zimmers zeigt. „Das erinnerte mich an meine Zeiten als Gewerkschaftsführer“, schrieb er dazu.

Morales überspannte den Bogen

Morales hatte Bolivien seit 2006 regiert. Der 60-Jährige frühere Koka-Bauer war der erste indigene Staatschef des Andenlandes und der dienstälteste Präsident Südamerikas. Er hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung höchstens eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mit Hilfe der Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner Menschenrechte bezeichnete.

Morales hatte dem Armenhaus Südamerikas eine lange Zeit der politischen Stabilität und der wirtschaftlichen Entwicklung beschert. Er sorgte dafür, dass die satten Gewinne aus der Gas- und Lithium-Förderung größtenteils im Land blieben und auch der indigenen Bevölkerungsmehrheit zugute kamen. Um sich seinen Traum zu erfüllen und bis zur 200-Jahr-Feier der Unabhängigkeit 2025 im Amt zu bleiben, überspannte er den Bogen allerdings.

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte in einem vorläufigen Bericht Manipulationen bei der Präsidentenwahl festgestellt und eine Annullierung empfohlen. Daraufhin kündigte Morales am Sonntag zunächst eine Neuwahl an, am Ende gab er aber dem wachsenden Druck von Militär und Polizei nach. Morales und seine Verbündeten in der Region sprachen von einem Putsch. Gegenkandidat Mesa nannte den Rücktritt das „Ende der Tyrannei“.

Jetzt steht das südamerikanische Land vorerst ohne Regierung da. Neben Morales traten auch der Vizepräsident, die Präsidentin des Senats und der Präsident der Abgeordnetenkammer zurück, die nach der Verfassung eigentlich die Amtsgeschäfte übernehmen müssten. Lediglich die zweite Senatsvizepräsidentin Jeanine Áñez erklärte sich bereit, die Präsidentschaft vorübergehend zu übernehmen und Neuwahlen anzusetzen. Am Dienstag will das Parlament zusammenkommen und über einen Ausweg aus der Krise beraten. (dpa)

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