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Politik: Zuwanderung: CDU unter Druck

Die Spitze der SPD und die Führung der deutschen Wirtschaftsverbände verstärken den Druck auf die Union, sich einem Konsens zur Neuregelung der Zuwanderung nicht zu versperren. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte dem Tagesspiegel: "SPD und Grüne werden sich jedenfalls auf einen Gesetzentwurf einigen, dem auch die CDU zustimmen könnte, wenn sie wollte.

Die Spitze der SPD und die Führung der deutschen Wirtschaftsverbände verstärken den Druck auf die Union, sich einem Konsens zur Neuregelung der Zuwanderung nicht zu versperren. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte dem Tagesspiegel: "SPD und Grüne werden sich jedenfalls auf einen Gesetzentwurf einigen, dem auch die CDU zustimmen könnte, wenn sie wollte." Bundeskanzler Gerhard Schröder erinnerte daran, dass "die Vorschläge aus allen Reihen sehr nahe beieinander liegen". Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, forderte die Parteien auf, sich noch im Sommer zu verständigen.

Struck sagte, "wenn die Union bei dem Papier bleibt, das der saarländische CDU-Ministerpräsident Peter Müller zur Zuwanderung vorgelegt hat, dann halte ich einen Konsens für wahrscheinlich". Auch der Kanzler meinte im Gespräch mit dem "Focus", "wir sollten die Chance zu einem gemeinsamen Vorgehen nutzen". Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, der auch CSU-Chef ist, zeigte sich in der "Welt am Sonntag" dagegen nicht zum Konsens mit der Regierung bereit. Die rot-grüne Koalition wolle mehr Zuwanderung, die Union deren Begrenzung. Das sei der grundsätzliche Unterschied, erklärte Stoiber.

Anders als von der Zuwanderungskommission unter Leitung der CDU-Politikerin Rita Süssmuth empfohlen, will sich auch die Koalition nicht auf Kontingente festlegen, wie viele Ausländer künftig Jahr für Jahr ins Land kommen sollen. "Wir werden in dem Gesetz mit Sicherheit keine Zahl festlegen", sagte Struck. Süssmuths Kommission hatte von 50 000 Einwanderern pro Jahr gesprochen. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte in der "Berliner Morgenpost", das Thema dürfe "nicht parteipolitisch ausgeschlachtet werden". Er halte jedoch 50 000 Zuwanderer im ersten Jahr für "zu wenig".

Struck kündigte an, die Koalition wolle den Zuzug in engen Grenzen halten. Abgesehen von hoch qualifizierten Arbeitskräften bräuchte Deutschland "keine massive Arbeitsmigration", sagte der SPD-Fraktionschef: "Im Vordergrund steht, die hier in Deutschland lebenden deutschen und ausländischen Arbeitslosen so zu qualifizieren, dass sie Jobs annehmen können." Ähnlich äußerte sich Schröder auf dem außerordentlichen Wahlparteitag der Berliner SPD. Der Bundeskanzler forderte Firmen und Unternehmer auf, sich nicht nur auf den Zuzug ausländischer Arbeitnehmer zu verlassen. "Die Legitimationsbasis für ein vernünftiges Recht, das die Zuwanderung steuert, ist, dass auch die Wirtschaft die Qualifikation der eigenen Leute und die Chancengleichheit für Frauen ernster nimmt, als das in der Vergangenheit der Fall war", so Schröder. Die Regierung werde nicht dafür sorgen, dass über Zuwanderung der Einstieg in niedrigere Gehälter geschaffen werde.

Sollte sich die Union einem Konsens widersetzen, schließt Struck nicht aus, die notwendige Mehrheit im Bundesrat wie bei der Steuerreform mit den Stimmen einzelner unionsregierter Länder zu sichern. "Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Ministerpräsident Müller einem Gesetzentwurf nicht zustimmt, der im wesentlichen den Vorschlägen der von ihm geleiteten Kommission entspricht."

Carsten Germis

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