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Politik: Zuwanderung: Einig gegen Schily

Bei der Diskussion über ein neues Zuwanderungsgesetz stehen nun Detailfragen im Mittelpunkt. Die schärfste Kritik an Otto Schilys Gesetzentwurf richtet sich nicht gegen den Bereich der Arbeitsmigration, sondern gegen die geplanten Änderungen im Asyl- und Flüchtlingsrecht.

Bei der Diskussion über ein neues Zuwanderungsgesetz stehen nun Detailfragen im Mittelpunkt. Die schärfste Kritik an Otto Schilys Gesetzentwurf richtet sich nicht gegen den Bereich der Arbeitsmigration, sondern gegen die geplanten Änderungen im Asyl- und Flüchtlingsrecht. Zahlreiche Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen haben am Montag konkrete Änderungen gefordert. Sie befürchten, dass der Flüchtlingsschutz in Deutschland weiter ausgehöhlt werden könne, wenn Schilys Entwurf Gesetz wird. SPD-Linke und die Grünen teilen diese Auffassung und wollen nachbessern. Bis Ende September soll ein überarbeiteter Entwurf von Regierung und beiden Koalitionsfraktionen vorliegen.

Schutz für Opfer nichtstaatlicher Verfolgung: Bisher werden die Opfer nichtstaatlicher Verfolgung - etwa Flüchtlinge aus Afghanistan - in der Bundesrepublik einfach nur geduldet. Sie haben keinen festen Aufenthaltsstatus, werden aber auch nicht abgeschoben. Innenminister Schily will die Duldung abschaffen - was auch allgemein begrüßt wird. Allerdings scheint sich die Lage für Opfer nichtstaatlicher Verfolgung dadurch nicht zu verbessern. Im Gegenteil. Zwei Drittel der gegenwärtig rund 260 000 Betroffenen würden am Ende schlechter dastehen, weil ihr Abschiebeschutz stark eingeschränkt werde, sagt Flüchtlingsexperte Wolfgang Grenz von Amnesty International. Viele müssten mit der Ausweisung rechnen. Im Gegensatz zu Schilys Plänen bereitet die Europäische Union zur Zeit eine Richtlinie vor, nach der Opfer nichtstaatlicher Verfolgung als schutzwürdige Flüchtlinge anerkannt werden. Insgesamt pflege Schilys Entwurf eine "Kultur des Misstrauens gegenüber Flüchtlingen", urteilt Grenz.

Nachfluchtgründe: Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International fordern ein gesichertes Aufenthaltsrecht auch für jene Menschen, die erst wegen ihrer politischen Aktivitäten im Exil in Gefahr geraten. Dazu zählen zum Beispiel Kurden, deren Asylantrag abgelehnt wurde, die sich aber danach durch Beteiligung an Aktivitäten der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK verdächtig gemacht haben. Diese "selbstverschuldeten Nachfluchtgründe", die nach der Ablehnung eines früheren Asylantrags eingereicht werden, sollen künftig nicht als Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gelten. Die Exilaktivitäten würden also beim Abschiebeschutz keine Rolle mehr spielen. Nach Ansicht von Kritikern widerspricht diese Regelung der Genfer Flüchtlingskonvention.

Härtefallregelung und Kirchenasyl: Kirchen und Flüchtlingsverbände fordern seit Jahren eine auf den Einzelfall bezogene Härtefallregelung. Diese Absicht enthält auch der Koalitionsvertrag - Schilys Entwurf hingegen nicht. Eine Härtefallregelung würde etwa den Innenministern der Länder das Recht einräumen, bereits abgelehnten Asylsuchenden doch noch einen Abschiebeschutz zu gewähren. Schilys Entwurf enthält dagegen die Option, dass etwa Kirchen Flüchtlingskontingente übernehmen können, sofern sie selbst für die Kosten für deren Unterbringung aufkommen. Flüchtlingsexperten und Kirchenvertreter kritisieren dies allerdings als "Privatisierung des Flüchtlingsschutzes". Der Staat müsse weiter die Verantwortung für die Schutzwürdigkeit übernehmen. Schily hingegen weist darauf hin, dass es sich lediglich um ein Angebot handele, von dem niemand Gebrauch machen müsse.

Illegaler Aufenthalt: Vor allem die Kirchen kritisieren, dass Schilys Entwurf nicht auf das Problem der Illegalen in Deutschland eingeht. Sie befürchten, dass die Zahl der illegalen Ausländer sogar um ein Vielfaches steige, weil es für Flüchtlinge künftig schwerer werde, einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus in Deutschland zu bekommen.

Markus Feldenkirchen

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