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Politik: Zuwanderung: Gar nicht so weit auseinander

Eigentlich sollte und wollte Edmund Stoiber am Samstag nach der Vorstandssitzung der CSU gar nicht vor die Presse treten, weil die Themen, die offiziell anstanden, nicht so wichtig waren: Beitragserhöhung, Delegiertenwahl. Aber in diesen Tagen der Standortbestimmung per Begriffsdebatte befand er es dann doch für nötig, das Wort zu ergreifen.

Eigentlich sollte und wollte Edmund Stoiber am Samstag nach der Vorstandssitzung der CSU gar nicht vor die Presse treten, weil die Themen, die offiziell anstanden, nicht so wichtig waren: Beitragserhöhung, Delegiertenwahl. Aber in diesen Tagen der Standortbestimmung per Begriffsdebatte befand er es dann doch für nötig, das Wort zu ergreifen. Denn vor der Zusammenkunft des Gremiums hatte Stoiber durch die missverständliche Äußerung, Leitkultur sei nicht das Thema der CSU, für Verwirrung gesorgt. Nun also die Klarstellung: Leitkultur, so der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident, sei schon eine richtige Sache, und CDU-Chefin Angela Merkel habe gut daran getan, den Begriff in das einwanderungspolitische Papier wieder aufzunehmen, das an diesem Montag die CDU-Führungsgremien beschäftigen wird. Das Lob für erwiesene Führungsabsicht durch Begriffsaneignung dürfte erleichtert worden sein durch Merkels Hinweis, die Leitkulturdebatte müsse in eine vertiefte Diskussion über die Begriffe Nation und Vaterland münden.

Dass Stoiber das von Merkel korrigierte Papier im Vorstand als "viel zu weich" kritisiert habe, wie die "Welt am Sonntag" berichtete, wurde von der CSU umgehend als "falsch" dementiert. Überhaupt habe der CSU-Chef das Thema Einwanderung, Leitkultur und Schwesterpartei nicht tiefergehend beleuchtet. Immerhin hat er halbsatzweise einige Differenzen angesprochen, die zwischen CDU und CSU noch für Streit sorgen könnten. Für den Fall, dass die CDU das derzeitige individuelle Asylrecht in eine institutionelle Garantie abändern wolle, werde die CSU widersprechen, sagte Stoiber nach Angaben aus CSU-Kreisen. Denn dies widerspräche dem Asylkompromiss der Schwesterparteien von 1992. Über diesen Kompromiss will die CSU nicht hinaus. Im CDU-Papier ist diese Absicht aber festgehalten.

Zudem will die CSU den Begriff Einwanderungsland für die Bundesrepublik nicht gelten lassen. Eben diesen Begriff aber hat gerade erst der neue CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer im Tagesspiegel-Interview als unproblematisch dargestellt. Deutschland brauche Zuwanderung. Das ist abseits der Begriffe auch CSU-Position. Unter dem unverfänglicher klingenden Thema "demographische Entwicklung" soll die Einwanderungspolitik auf dem CSU-Parteitag in der kommenden Woche debattiert werden. Inhaltlich liegen die Positionen von CDU und CSU nicht weit auseinander. Es sollen - wenn schon, denn schon - nur die besten Köpfe nach Deutschland kommen, Menschen, die das Sozialsystem nicht belasten, sondern stützen. Und Deutsch sollten sie können.

"Wenn man mal die Kampfbegriffe weglässt, sind wir in der Sache gar nicht so weit auseinander." Der Satz wiederum stammt nicht von Meyer oder Stoiber, sondern vom Grünen-Innenpolitiker Cem Özdemir. Der bezog sich auf ein zu beschließendes Einwanderungsgesetz. Von den Grünen kamen am Wochenende auch schon präzisere Vorstellungen dafür, beginnend mit der konsensträchtigen Forderung der Fraktionschefin Kerstin Müller, dass Ausländer zum Zwecke der Integration Deutschkurse besuchen sollten. Auch Kenntnisse in politischer Bildung und der Verfassungsgrundwerte seien erwünscht. Für wen das gelten soll, haben die Grünen auch mitgeteilt: Wer nach Deutschland kommen dürfe, solle mit "flexiblen Teilquoten" für verschiedene Ausländergruppen bestimmt werden, über die in gewissen Abständen der Bundestag entscheide, sagte Müller. "Teilquoten" für ausländische Fachkräfte sowie Flüchtlinge und Aussiedler sollten nach Bedarf der Wirtschaft und aktueller Situation festgelegt werden. Für Zuwanderung auf Grund individueller Rechte solle es dagegen keine Quote geben: Dies gelte für Asylbewerber oder den Familiennachzug. Mit den Grünen ist somit eine Begrenzung der Zahl der Asylbewerber per Einwanderungsgesetz nicht zu machen.

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