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Politik: Zuwanderung: Rau: Entscheidung über Zuwanderung offen

Im Verfassungsstreit um das Zuwanderungsgesetz hat Bundespräsident Johannes Rau noch keine Entscheidung getroffen. Dies machte das Bundespräsidialamt über Ostern deutlich.

Im Verfassungsstreit um das Zuwanderungsgesetz hat Bundespräsident Johannes Rau noch keine Entscheidung getroffen. Dies machte das Bundespräsidialamt über Ostern deutlich. Ein Sprecher betonte, Rau werde das unter umstrittenen Umständen im Bundesrat beschlossene Zuwanderungsgesetz - "wie alle Gesetze" - sorgfältig prüfen. Über seine Unterschrift werde das Staatsoberhaupt dann entscheiden, "wenn die Prüfung abgeschlossen ist". Beobachter gehen davon aus, dass dies noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.

Zum Thema Online Spezial: Streit um die Zuwanderung Schwerpunkt: Der Eklat im Bundesrat und die Folgen Fotostrecke: Tumult in der Länderkammer Umfrage: Soll Rau das Gesetz unterschreiben? Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" hatte berichtet, Rau sei fest entschlossen, das Zuwanderungsgesetz zu unterzeichnen. Nach seiner Rückkehr aus dem Osterurlaub wolle er sich mit namhaften Verfassungsrechtlern treffen, um sein Votum rechtlich abzusichern, schrieb die Zeitung unter Berufung auf hochrangige Beamte, die mit der Gesetzgebung befasst sind.

Für den Fall einer Rau-Unterschrift haben die Ministerpräsidenten der Union und die Unionsführung in Berlin eine Klage beim Bundesverfassungsgericht angekündigt. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Bosbach, sagte dem Tagesspiegel: "Ich gehe davon aus, dass die Union dann eine abstrakte Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht erhebt". Das Gesetz sei nach Meinung der Union nicht verfassungsgemäß zustandegekommen.

"Wenn man dieser Meinung ist, kann man nicht auf eine Klage verzichten, ohne sich unglaubwürdig zu machen", sagte Bosbach. Eine Klärung der Stimmen-Zählung im Bundesrat durch eine Karlsruher Entscheidung sei zudem auch unabhängig von der aktuellen Debatte um das Zuwanderungsgesetz sinnvoll, sagte der CDU-Politiker. Der Streitfall im Bundesrat könne sich jederzeit wiederholen.

Auch Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) bekräftigte die Forderung der Union an Rau, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. "Dieses Gesetz trägt den Makel des Verfassungsbruchs auf der Stirn", sagte Müller am Sonntag in der ZDF-Sendung "halb 12". Rau könne nicht "an der eindeutig herrschenden Meinung" der Rechtswissenschaft vorbeigehen.

Gegenteilige Auffassungen von Staatsrechtlern bewertete Müller als Minderheitenmeinung. Der CDU-Politiker bestritt, dass die Union Druck auf den Bundespräsidenten ausübt. "Wir haben keinen Druck ausgeübt. Wir haben unsere Meinung dargelegt", sagte er zu dem Brief der sieben Ministerpräsidenten der unionsgeführten Länder.

Nach Auffassung der Unionspolitiker ist das Gesetz nicht verfassungsgemäß zu Stande gekommen, weil Brandenburg im Bundesrat nicht einheitlich abgestimmt hat. Nachdem zunächst Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) Nein und Sozialminister Alwin Ziel (SPD) Ja gesagt hatten, stimmte Brandenburgs Regierungschef Manfred Stolpe (SPD) auf Nachfragen von Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD) mit Ja.

Die Unions-Ministerpräsidenten, die den Brief an Rau geschrieben hatten, rechnen laut "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" nicht mehr damit, dass Rau nicht unterschreibt. Die Regierungschefs erwarteten die Ausfertigung des Gesetzes bis Mitte Mai, hieß es in der Zeitung. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) sagte: "Wenn der Bundespräsident unterschreibt, dann müssen wir klagen (...) Die Sache ist inzwischen so hoch gereizt, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt."

Die scheidende Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, äußerte sich kritisch über die häufige Anrufung des Gerichts bei politischen Streitigkeiten. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass die Politik ihre Probleme nach Karlsruhe abschiebe. Dies fördere nur die Politikverdrossenheit, sagte Limbach der "Welt am Sonntag".

hmt

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