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Politik: Zuwanderung: Schily und die SPD beschwören die Tugend der Vernunft

Ende vergangener Woche hatten sie nur noch den Dissens über Innenminister Otto Schilys Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz feststellen können. Am Montag waren die Spitzen von SPD und Grünen um Zuversicht bemüht.

Ende vergangener Woche hatten sie nur noch den Dissens über Innenminister Otto Schilys Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz feststellen können. Am Montag waren die Spitzen von SPD und Grünen um Zuversicht bemüht. "Wir gehen davon aus, dass es eine Einigung in der Koalition über die Grundrichtung geben wird, bevor der Entwurf ins Kabinett eingebracht wird", sagte Grünen-Chef Fritz Kuhn nach einer Vorstandssitzung seiner Partei. Kabinettstag ist der 26. September. Schily selbst dachte am Montag sogar schon über diesen Termin hinaus, als er bei einem Treffen mit den Länder-Innenministern von einer Mehrheit im Bundesrat sprach. "Die Aussichten, dass die Vernunft obsiegt, sind nach wie vor gut", sagte Schily.

Der Weg zur "Vernunft" wird anstrengend. In dieser Woche treffen sich die Zuwanderungsexperten von SPD und Grünen gleich zweimal mit den Fachbeamten aus den Innenministerien, um über eine gemeinsame Gesetzesvorlage zu beraten. Die Kritikpunkte der Grünen sind zahlreich, der Gesprächsbedarf ist hoch. "Für die nächsten zwei Wochen habe ich mir nichts anderes vorgenommen", sagte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler, der auch die Arbeitsgruppe Zuwanderung seiner Fraktion leitet. Seiner Ansicht nach war die Aufregung der Grünen aus der vergangenen Woche "weitestgehend überflüssig". Die Ziele beider Seiten seien gleich, nur würde Schilys Text offenbar verschieden gelesen. Vor allem die Befürchtung, dass bislang nur geduldete Flüchtlinge künftig ganz ohne Aufenthaltsstatus blieben, hält Stiegler wie Schily für unbegründet. "Da staunt man oft und fragt sich, wie die überhaupt darauf kommen."

Nicht wegzureden ist hingegen der Dissens über die Höhe des Nachzugsalters von Zuwanderer-Kindern. Die Grünen fordern 18 Jahre, Schily sieht 12 Jahre vor und ist damit der Union entgegengekommen, die sechs oder zehn Jahre gefordert hatte. "Ich fürchte, da wird man dem Innenminister kaum weitere Zugeständnisse abringen können", sagte Stiegler. Die jetzt geplanten 12 Jahre seien der Preis, den man zahlen müsse, um die "Vernünftigen bei der Union" mit ins Boot zu holen.

Bei der Union scheint man sich derweil auf die Vorgabe geeinigt zu haben, in der Zuwanderungsdebatte vorerst schweigend zuzusehen, wie Rote und Grüne miteinander ringen. Das CDU-Präsidium fasste am Montag einmütig den Beschluss, dass Schilys Vorlage "in dieser Form nicht zustimmungsfähig" sei. Bis die Regierung Ende September einen endgültigen Entwurf vorlegt, will man sich ans auferlegte Schweigen halten. "Erst danach werden wir unsere Stellungnahme formulieren", sagte Generalsekretär Laurenz Meyer.

Markus Feldenkirchen

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