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Politik: Zuwanderung: Schleichender Abschied vom Zuwanderungsgesetz?

Stell dir vor, es gibt Konsensgespräche und keiner geht hin. Die Union jedenfalls hat Innenminister Otto Schily (SPD) am Dienstag einen Korb gegeben.

Stell dir vor, es gibt Konsensgespräche und keiner geht hin. Die Union jedenfalls hat Innenminister Otto Schily (SPD) am Dienstag einen Korb gegeben. Der hatte für diesen Mittwoch erneut zu einem fraktionsübergreifenden Treffen über die Zuwanderung gebeten. Die Union aber ist aus zwei Gründen angeblich zu verärgert, um weiter zu verhandeln: Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Hans-Peter Repnik hatte am Vormittag noch einmal betont, ein Treffen mache Sinn, wenn Schily neue Formulierungen vorlege. Und zwar solche, "die sich an unseren orientieren".

Die aber lagen bis zum geforderten Zeitpunkt, dem Beginn der Fraktionssitzungen am Nachmittag, nicht vor. Zudem schwelt weiter das Dauerstreitthema um SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler, der an die Mitschuld der Vorgängerparteien von Union und FDP am Aufstieg Hitlers erinnert hatte. "Ohne eine Entschuldigung des Herrn Stiegler gibt es keine Chance für weitere Konsensgespräche", sagte Repnik.

Aber die Bereitschaft Stieglers, sich für seine umstrittene Äußerung zu entschuldigen, war erneut gering. "Wo keine Beleidigung, dort keine Entschuldigung", bekräftigte Stiegler gegenüber dem Tagesspiegel seinen Standpunkt. Fraglich ist, ob es bis zur geplanten Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag mit rot-grüner Mehrheit Ende Februar noch ein Konsensgespräch geben wird.

Nun konzentriert sich - anders als von der Union vergangene Woche gefordert - doch wieder alles auf den Bundesrat. "Wenn es im Bundestag keine Einigung gibt, wird es auch im Bundesrat keine geben", hatte Fraktionschef Friedrich Merz noch am Wochenende gewarnt. Adressat solcher Worte war dabei nicht nur die Koalition, sondern auch Parteifreund Jörg Schönbohm, Innenminister des von einer großen Koalition regierten Brandenburgs. Der steht an gleich zwei Fronten im Wort: bei Ministerpräsident Stolpe (SPD), mit dem er gemeinsam Kernforderungen für eine Zustimmung Brandenburgs formuliert hat, und bei seiner Parteiführung, die partout nicht will, dass Schönbohm aus der Blockadehaltung ausschert. Die Bedingungen von Stolpe und Schönbohm aber könnten durchaus erfüllt werden, heißt es aus dem Innenministerium und der SPD-Fraktion.

Am Dienstag waren denn auch wieder versöhnliche Worte Schönbohms zu hören: Ja, es sollte eine schnelle Einigung zwischen den Parteien geben. Ja, das Thema müsse aus dem Wahlkampf herausgehalten werden. Dennoch bleibe er weiter skeptisch. Schönbohm weiß also noch nicht, wie er sich am Ende verhalten wird. Und während alle Beobachter gebannt auf die Kontroverse zwischen Union, Schönbohm, Schily und Stiegler starren, gibt still und leise die PDS eine Erklärung, wonach sie das Zuwanderungsgesetz mit ihrem Einfluss im Bundesrat ohnehin verhindern wolle. Die Zuwanderung scheint sich schleichend aus dieser Wahlperiode zu verabschieden.

Markus Feldenkirchen

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