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Politik: Zuwanderung: SPD: Union wird in Karlsruhe scheitern

Im Verfassungsstreit um das Zuwanderungsgesetz wird weiter an Bundespräsident Johannes Rau gezerrt. Die FDP forderte erneut ein Allparteiengespräch bei Rau um dessen Entscheidung im Konsens zu beraten.

Im Verfassungsstreit um das Zuwanderungsgesetz wird weiter an Bundespräsident Johannes Rau gezerrt. Die FDP forderte erneut ein Allparteiengespräch bei Rau um dessen Entscheidung im Konsens zu beraten. Es gebe niemanden, der besser für den Rechtsfrieden einstehen könnte, als der Bundespräsident, begründete FDP-Vize Rainer Brüderle den Vorschlag am Dienstag.

Die Union hingegen bekräftigte, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, sollte Rau das auf umstrittene Weise vom Bundesrat verabschiedete Gesetz unterschreiben. Nach Ansicht des bayerischen Staatskanzleichefs Erwin Huber (CSU) ist der Gang nach Karlsruhe für diesen Fall "unumgänglich". Es müsse geklärt werden, wie bei unterschiedlicher Stimmabgabe im Bundesrat die Verfassung auszulegen sei, sagte Huber im ZDF.

Zum Thema Online Spezial: Streit um die Zuwanderung Schwerpunkt: Der Eklat im Bundesrat und die Folgen Fotostrecke: Tumult in der Länderkammer Umfrage: Soll Rau das Gesetz unterschreiben? Bei der SPD stießen sowohl die FDP-Forderung als auch die Ankündigung der Union auf scharfe Kritik. Der Ruf nach einem Allparteiengespräch sei "die übliche Wichtigtuerei der FDP", sagte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler dem Tagesspiegel. Den latenten Druck, den die Union auf Rau auszuüben versuche, wertete Stiegler als "unanständig". Stiegler zog in diesem Zusammenhang erneut einen historischen Vergleich: "Seit der Weimarer Republik ist es doch immer so gewesen, dass die Konservativen an den Bundespräsidenten rumnörgeln, wenn sie ihn nicht gerade selber stellen." Der letzte historische Vergleich Stieglers, bei dem er an die Mitschuld der bürgerlichen Parteien am Aufstieg Hitlers erinnert hatte, hatte zum Abbruch der Konsensgespräche über die Zuwanderung beigetragen.

Rau brauche die Beratung von CDU und CSU nicht, sagte Stiegler weiter. Er sei sich sicher, dass der Bundespräsident am Ende zu einer "richtigen Entscheidung" kommen werde. Noch ist völlig offen, bis wann Rau diese Entscheidung treffen will. Sollte er das Gesetz unterzeichnen wäre mit einem Richterspruch aus Karlsruhe wohl erst im kommenden Jahr zu rechnen. Stiegler warnte den Kanzlerkandidaten der Union indes vor dem Gang nach Karlsruhe. Edmund Stoiber entwickele sich allmählich zum "Prozesshansel". "Die Union ist in letzter Zeit in Karlsruhe oft genug auf den Hintern gefallen. Beim Zuwanderungsgesetz wird ihr das erneut passieren", sagte Stiegler. Auch der innenpolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, kritisierte den Plan von CDU und CSU. Die Union müssen sich damit abfinden, eine politische Entscheidung verloren zu haben. Ansonsten werde das Spiel, das sie betreibe "langsam absurd", sagte Özdemir.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sprach sich derweil gegen die Möglichkeit einer Stimmenaufteilung Bundesrat innerhalb der Länder bei Entscheidungen aus. Ein Stimmensplitting sei mit der bewährten Verfassungsordnung in Deutschland "schwer verträglich", sagte Beck. "Ich halte es nicht für ratsam, das föderale Element der bundesstaatlichen Ordnung zu verwässern.

Unterdessen hält die Debatte über eine Verschärfung des Vertriebenengesetzes an. Die entsprechende niedersächsische Bundesratsinitiative erhält zunehmend Rückendeckung in der SPD-Bundestagsfraktion. Aus dem SPD-Präsidium hieß es, man werde den Vorschlag wohlwollend aufgreifen. In dieser Legislaturperiode werde jedoch nichts mehr in dieser Angelegenheit unternommen, so die interne Einschätzung.

Niedersachsen hält die im Zuwanderungsgesetz verankerte Verschärfung von Sprachprüfungen für die Familienangehörigen deutschstämmiger Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion für unzureichend und fordert, alle osteuropäischen Staaten gleich zu behandeln, also auch von Deutschstämmigen aus Russland und Kasachstan den Nachweis individueller Benachteiligung zu verlangen. Dies gilt beispielsweise für Spätaussiedler aus Polen und Rumänien seit 1993, was die Zahlen deutlich reduziert hat.

Zurückhaltend wird Niedersachsens Initiative im Innenministerium gesehen. Vordringlich seien die "wachsenden Integrationsprobleme" in Schulen und Betrieben, heißt es. Hier steuere das Zuwanderungsgesetz "wirksam entgegen". Ganz im Sinne der niedersächsischen Initiative werde "sowohl die Zahl der Erstanträge als auch die der Mitreisenden spürbar reduziert". Dennoch räumt das Ministerium ein, dass "gute Argumente" für den Vorschlag aus Hannover sprächen.

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