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Zwangsarbeit: Deutschlands Klage gegen Italien bleibt unsicher

Der Versuch Deutschlands gegen das italienische Zwangsarbeiter-Urteil vorzugehen, könnte scheitern. Die Beschlagnahme von deutschen Einrichtungen in Italien wäre damit rechtens.

Die Bundesregierung könnte beim Versuch, sich gegen die Beschlagnahme von Staatsbesitz in Italien zu wehren, auf erhebliche juristische Hürden stoßen: Der Internationale Gerichtshof in Den Haag, den das Auswärtige Amt gegen ein Urteil des italienischen obersten Gerichts anzurufen erwägt, kann nur dann entscheiden, wenn auch Italien damit einverstanden ist. Zudem ist der Haager Gerichtshof, eine UN-Instanz, nur für Streitigkeiten zwischen Staaten zuständig, nicht für die zwischen Staaten und Einzelpersonen.

Die Richter am römischen Kassationsgerichtshof hatten in der vergangenen Woche entschieden, dass die Beschlagnahme von deutschen Einrichtungen in Italien rechtens ist, um jene Italiener zu entschädigen, die nach dem Ausscheiden Italiens aus Hitlers Krieg 1943 zu Zwangsarbeit in Deutschland gepresst wurden. Außerdem gab das Urteil den Hinterbliebenen eines SS-Massakers in Griechenland 1944 Recht, die zur Durchsetzung ihrer Ansprüche ebenfalls italienische Gerichte angerufen hatten.

Deutschland hat bisher nichts an die griechischen Überlebenden gezahlt; die italienischen Zwangsarbeiter wurden von Zahlungen der "Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Die Stiftung war 2000 gegründet und mit Geld des Bundes und der deutschen Wirtschaft ausgestattet worden, um die überlebenden Sklavenarbeiter mindestens mit symbolischen Beträgen zu entschädigen. Das Bundesfinanzministerium, das die Aufsicht über die Stiftung führt, hatte zweimal interveniert, um Zahlungen an italienische Überlebende auszuschließen.

Bundesfinanzministerium verhindert Zahlungen an Italiener

Vor einem Jahr wurden die Auszahlungen beendet. Der Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft im Stiftungskuratorium, Manfred Gentz, verwies im Gespräch mit dem Tagesspiegel kürzlich darauf, dass es für weitere Zahlungen kein Geld mehr gebe. Die übrigen Mittel würden jetzt für Zukunfts- und Bildungsprojekte eingesetzt.

Die Bundesregierung beruft sich bisher auf die "Staatenimmunität", die es ausschließt, dass Einzelpersonen ein Land verklagen. Dieser Grundsatz scheint allerdings zu wanken. Der Frankfurter Völkerrechtler Michael Bothe, derzeit Präsident der Internationalen humanitären Ermittlungskommission, verwies in der Zeitung "Die Welt" darauf, dass es inzwischen einen Trend im Völkerrecht gebe, Menschen nach innerstaatlichem Recht Schutz zu gewähren, die Opfer von Völkerrechtsverletzungen wurden. Das Urteil des römischen Gerichts zugunsten der Zwangsarbeiter nennt der Fachmann "zukunftsweisend".

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