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Justizminister Heiko Maas will den Muslimen zeigen, wo der Islam seine Grenzen hat.

© AFP

Zwangsheirat und Polygamie: Mutig streiten ist mehr, als auf die antiislamische Sahne zu hauen

Der Justizminister will den Rechtspopulisten die Themen klauen - und schafft es auch. Mit welchem Erfolg, ist fraglich. Ein Kommentar.

Mutiger streiten und handeln will Justizminister Heiko Maas, so kündigt er es in der „Zeit“ an. Er macht auch klar, was er darunter versteht: Die Themen der Rechtspopulisten lieber selbst zu besetzen, als sie ihnen zu überlassen. Ein kluges Rezept? Unmittelbar zuvor hat Maas es ausprobiert. „Niemand, der zu uns kommt, hat das Recht, seine kulturelle Verwurzelung oder seinen religiösen Glauben über unsere Gesetze zu stellen“, sagte er passenderweise zur „Bild“. „Zwangsehen dürfen wir nicht dulden, erst recht nicht, wenn minderjährige Mädchen betroffen sind.“ Sätze, wie sie bayerische Innenminister nicht besser formulieren können.

Die Frage ist nur: Was bedeuten sie? Zunächst Selbstverständliches. In Deutschland ist, anders als in vielen islamischen Kulturräumen, das Eingehen von Mehrfachehen bei Strafe verboten, ebenso die Zwangsheirat. Mit den Flüchtlingen kommen nun vermehrt Menschen ins Land, die den Behörden ihnen möglicherweise nicht immer freiwillig angetraute Minderjährige vorstellen oder die kleine Schar der Gattinnen zu Nichten und Cousinen umdeklarieren. Was dann geschieht, entscheiden die Behörden im Einzelfall. Oft wird das Jugendamt eingeschaltet. Auch Gerichte mischen mit. Erst kürzlich hat eines entschieden, dass eine 15-jährige Syrerin als Ehefrau ihres volljährigen Cousins selbst bestimmen darf, an wessen Seite sie stehen will – obwohl nach deutschem Recht frühestens mit 16 Jahren geheiratet werden darf.

Ein Skandal? Der Justizminister hat noch nicht im Einzelnen erklärt, was er daran ändern möchte. So einfach ist das alles auch nicht. Deutsche Gerichte erkennen zuweilen sogar Unterhalts- und Versorgungsansprüche in polygamen Ehen an. Wollte man hier im Sinne christlicher Moralvorstellungen eingreifen, würden Frauenrechte verkürzt – etwas, das der geschlechtspolitisch modern orientierte Minister seinem Publikum schlecht plausibel machen kann.

„Mutig streiten“ heißt daher wohl, mit einem entschlossen klingenden Gemeinplatz auf die antiislamische Sahne zu hauen. Mutig handeln wird schon schwerer. Nach islamischem Recht geschlossene Mehrfachehen in Deutschland pauschal für strafbar zu erklären, das sähe nach geschichtsvergessener Rechtspolitik aus, wie sie bislang noch nicht einmal der AfD eingefallen ist. Ein Mindestalter für jede Art der Anerkennung von Auslandsehen ist dagegen erwägenswert. Nur: Sehr mutig wäre das nicht.

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