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Lob aus Teheran. Irans Präsident Ruhani legt die Atomverhandlungen in die Hände seines Außenministers. Und lobt via Twitter: „Der erste Schritt ist der schwerste ...“ Foto: AFP

© dpa

Politik: Zwei Geschwindigkeiten

Teheran will womöglich UN-Kontrolleure ins Land lassen und hofft auf eine rasche Lockerung der Sanktionen. Doch die USA bleiben vorsichtig.

In die Genfer Gespräche über das iranische Atomprogramm ist offenbar Bewegung gekommen. Laut einer Meldung der iranischen Nachrichtenagentur Irna vom Mittwoch will Teheran kurzfristig angekündigte internationale Inspektionen in seinen Nuklearanlagen zulassen. Dieses Zugeständnis habe Irans Vizeaußenminister Abbas Araqdschi gegeben. Zudem seien die Iraner bereit, den Anreicherungsgrad für Uran zu reduzieren. Allerdings betonte der Vertreter Teherans, dass beide Schritte nicht unmittelbar bevorstünden. „In der letzten Stufe“ eines iranischen Plans könnte es so weit sein, sagte Araqdschi. Prinzipiell würden die Iraner damit Kernforderungen ihrer Verhandlungspartner, der sogenannten Sechsergruppe, erfüllen.

Die Iraner sitzen im Genfer UN-Sitz, dem Völkerbundpalast, sechs Staaten gegenüber: den Vetomächten des UN-Sicherheitsrats USA, Frankreich, Großbritannien, China und Russland sowie zusätzlich Deutschland. Die zweitägigen Gespräche unter Vorsitz der EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton starteten am Dienstag.

Seit Jahren verdächtigen die westlichen Mächte den Iran, im Geheimen ein Atomwaffenprogramm voranzutreiben. Sie versuchen, das Mullah-Regime durch internationale Sanktionen und Verhandlungen von seinem Kurs abzubringen. Der Iran beharrt darauf, dass er mit seinem Nuklearprogramm nur zivile Ziele verfolge.

In Genf trafen die sechs Mächte nun erstmals auf Vertreter der Regierung des neuen Präsidenten Hassan Ruhani. Vor den Gesprächen verbreiteten westliche Diplomaten vorsichtigen Optimismus, da Ruhani als moderat und pragmatisch gilt. Sein Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad, ein unberechenbarer Hardliner, zeigte keine ernsthafte Verhandlungsbereitschaft über Irans Atomprogramm: Ahmadinedschads Regierung, die im August abtrat, steuerte die Gespräche mit der Sechsergruppe in eine Sackgasse.

Kurzfristig anberaumte Inspektionen durch Kontrolleure der Internationalen Atomenergieorganisation IAEO könnten den Spielraum der Iraner stark einschränken. Nach den Bestimmungen des sogenannten Zusatzprotokolls müsste der Iran IAEO-Inspekteuren innerhalb von 24 Stunden Zugang zu allen Nuklearanlagen gewähren. In bestimmten Fällen gilt eine Frist von nur zwei Stunden. Laut IAEO- Experten ist es sehr aufwendig, innerhalb dieser Zeit Spuren eines Atomwaffenprogramms zu verwischen.

Die Bestimmungen des Zusatzprotokolls gehen über die normalen Inspektionen der IAEO-Kontrolleure hinaus, die sich aus dem Atomwaffensperrvertrag ergeben. Irans Zusatzprotokoll wurde zwar von Teheran im Jahr 2003 unterzeichnet. Allerdings verweigern die Iraner bisher die Anwendung.

Durch die Zugeständnisse will der Iran eine Lockerung der internationalen Sanktionen erreichen. Laut Präsident Ruhani richten diese einen „gewaltigen“ Schaden in der iranischen Wirtschaft an. Westliche Regierungsvertreter taxieren die Einnahmeausfälle für Irans Staatskasse auf 40 Milliarden US-Dollar pro Jahr, iranische Banken sind praktisch von den internationalen Märkten abgeschnitten.

Die Iraner erwarten für ihre Annäherung nun eine möglichst schnelle Aufhebung der Strafen. Außenminister Sarif sagte der iranischen Nachrichtenagentur Fars, es gehe nicht um einseitige Konzessionen – sondern um Gewinne für beide Seiten. Die USA bleiben jedoch skeptisch: Sie wollen erst dann die Sanktionen aufheben, wenn die Iraner alle Zweifel über den friedlichen Charakter ihres Atomprogramms ausgeräumt haben.

Jan Dirk Herbermann

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