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Politik: Zwei Jugendliche aus Guinea starben bei der Einreise nach Europa. In einem Brief bitten sie Europa, Afrika zu helfen

Die Botschaft der beiden Jugendlichen aus Guinea an die "Exzellenzen und Verantwortlichen in Europa" ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. "Helft uns, wir haben Probleme: Krieg, Krankheiten und Unterernährung.

Die Botschaft der beiden Jugendlichen aus Guinea an die "Exzellenzen und Verantwortlichen in Europa" ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. "Helft uns, wir haben Probleme: Krieg, Krankheiten und Unterernährung. Wenn wir nun unser Leben auf Spiel setzen, dann tun wir das, weil wir in Afrika zuviel leiden und Ihre Hilfe brauchen. Wir bitten Sie, eine effiziente Organisation für den Fortschritt in Afrika zu schaffen. Wir brauchen Sie, um die Armut zu bekämpfen und den Krieg in Afrika zu beenden." Den Absendern des am Dienstag aufgefundenen Schreibens können die Adressaten allerdings keine Antwort mehr geben: Der 15jährige Yaguine Koita und der ein Jahr ältere Fode Tounkara wurden zu Wochenbeginn am Brüsseler Flughafen Zaventem tot aus dem Hohlraum des Fahrgestells eines Flugzeugs geborgen.

Die beiden Jugendlichen versuchten, mit dem Airbus der belgischen Fluggesellschaft Sabena von ihrer Heimatstadt Conakry nach Europa zu gelangen. Doch die eisigen Temperaturen und extremen Luftdruckschwankungen in einer Höhe von 9000 Metern wurden ihnen zum Verhängnis. Einer der Jungen erfror, der andere wurde offenbar von dem Fahrgestell erdrückt. Möglicherweise war er dabei schon nicht mehr bei Bewusstsein.

Unklar ist allerdings noch, wie lange die Leichen sich in dem nur gelegentlich kontrollierten Hohlraum des Flugzeugs befanden. Der in einem sehr höflichen Französisch abgefasste Brief der Jungen, die offenbar um die Risiken der gefährlichen Passage wussten, datiert vom 21. Juli.

Erschüttert hat die belgische Öffentlichkeit auf den Brief reagiert. Der "Notruf" der beiden Jugendlichen dürfe auf keinen Fall ohne Folgen bleiben, fordert die flämische Tageszeitung "De Morgen": "In einfachen Worten fassen sie die Ursachen des Migrations- und Flüchtlingsproblems zusammen. Von dem Zerrbild, dass Sozialprofiteure nur nach Europa kommen, um den Wohlfahrtsstaat auszunutzen, bleibt nach dem Lesen des Abschiedsbriefes nichts mehr übrig."

Er sei "schwer angeschlagen", gestand Belgiens neuer Außenminister Louis Michel. Der liberale Politiker kündigte an, Kopien des Schreibens an seine europäischen Amtskollegen weiterzuleiten: "Es ist die vorrangige Pflicht der Politiker, diesem Hilfeschrei Gehör zu geben." Auch für die Bevölkerung sollte der Brief ein Anlass sein, vereinfachende Aussagen über Flüchtlinge zu "überdenken". Michel kündigte eine Initiative für einen Stabilitätspakt für Afrika an. Im September will er den Vorschlag den Vereinten Nationen unterbreiten.

Zeugnisse und Schülerausweise hatten die afrikanischen Jungen auf ihre tödliche Reise mitgenommen. "Wir bitten Sie: Helfen Sie uns zu studieren", schrieben Koita und Tourika in ihrem Abschiedsbrief. "Seien Sie mit uns in Afrika, um unseren Kontinent gut auszubauen, damit er der schönste und bewunderswerte Freund der anderen werden kann."

Thomas Roser

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