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Politik: Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück - der Rechtspopulist bleibt sich treu

Das war keine Premiere. Zum ersten Mal hatte Jörg Haider seinen Rücktritt als FPÖ-Chef angedroht, als er gerade vier Jahre im Amt war.

Das war keine Premiere. Zum ersten Mal hatte Jörg Haider seinen Rücktritt als FPÖ-Chef angedroht, als er gerade vier Jahre im Amt war. 1990 war das, vor einer Dekade. Haider war damals bereits Landeshauptmann in Kärnten, in Wien regierten Norbert Gugerbauer als Klubobmann und Heide Schmidt als Generalsekretärin die Partei. Natürlich regierten sie von Haiders Gnaden, und trotzdem waren sie Haider einen Tick zu selbständig. Wenn die Zusammenarbeit nicht besser klappt, werde er seinen Hut nehmen, polterte er.

Die Zusammenarbeit klappte besser, Haider blieb, dafür verließen Gugerbauer und Schmidt kurz darauf im Groll die Partei. Seit diesem Zeitpunkt hat Jörg Haider Dutzende Rücktritts- und Rückzugserklärungen vom Stapel gelassen. Drohungen allesamt, um die Partei auf Linie zu halten, oder, wie er 1998 anlässlich des Freiheitlichen Neujahrstreffens erklärte, "um neuen Schwung in die erstarrte Bewegung zu bringen".

Am Montag also hat Haider eine seiner vielen Ankündigungen wahr gemacht und ist als Obmann der FPÖ zurückgetreten. An der Politik der FPÖ wird das freilich kaum etwas ändern, das machten alle FPÖ-Vorständler noch in der Nacht auf Dienstag klar. Der zweite Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn fasste die Stimmung so zusammen: "Jörg Haider ist fünfzig Prozent der Partei." Haider wird weiterhin die Politik seiner Partei bestimmen, wird bei den kommenden Kommunalwahlen in den beiden größten Bundesländern Niederösterreich und Steiermark auf Tour gehen, wird weiterhin kontroverse Interviews geben.

Denn Haider kann nicht anders. Das hat er schon mehrmals bewiesen. 1996 etwa hatte er bereits einen Teilrückzug aus der Partei angetreten: Schon damals bestellte er - ein Novum in der Geschichte der FPÖ - an seiner Seite eine geschäftsführende Parteiobfrau: Susanne Riess-Passer. Sie sollte sich um die tagesaktuelle Politik kümmern, Haider selbst wollte nur noch große Leitmotive vorgeben. In der Praxis lief alles wie gehabt. Haider mischte sich in alles ein, nur unangenehme Projekte erledigte Frau Riess-Passer. So war sie etwa verantwortlich für das so genannte "Schilling"-Volksbegehren des Jahres 1997, in dem die FPÖ gegen die Einführung des Euro Stimmung machte. Das Volksbegehren floppte, die Niederlage wurde parteiintern vor allem Riess-Passer zum Vorwurf gemacht. Für Jörg Haider war das ein willkommener Anlass, sich wieder stärker in die Partei einzumischen.

Denn Haider ist ein Politiker, der in Zyklen funktioniert. Mal gibt er sich als jugendlicher Rabauke, mal als Staatsmann, und mehrere Monate im Jahr verschwindet er scheinbar ganz von der Bildfläche. Dann gibt er keine Interviews, lässt keine Sprüche los, zieht sich in sein Kärntner Bärental oder immer öfter zu ausgedehnten Reisen in die USA zurück. Und anschließend beginnt das Spiel wieder von vorne. "Haider ist ein Schauspieler, der seine Rollen niemals lange durchhält und immer neue Aufgaben braucht", analysierte die österreichische Journalistin Christa Zöchling, die im vergangenen Herbst die Aufsehen erregende Haider-Biografie "Licht und Schatten einer Karriere" herausbrachte. Ein Getriebener sei er, der mehr als jeder andere Politiker der Alpenrepublik nach Anerkennung sucht.

Wenn er sie nicht bekommt, wird er noch bockiger als ein Kleinkind. Tatsächlich dürfte Haider die geschlossene internationale Ablehnung der Regierungsbeteiligung seiner FPÖ zutiefst getroffen haben. Vor allem sein Trip nach Kanada vor zehn Tagen hat ihm bewiesen, wie schwer er sich im Ausland tut. Und wie schwer sich das Ausland mit ihm tut. Treffen wurden abgesagt, Haider reiste durch das Land wie ein Paria. In dieser Form ist ihm das früher nicht passiert. Wahrscheinlich dürfte er auf dieser Reise die Entscheidung zum Rückzug gefällt haben. Wieder einmal abtauchen, bevor er erneut ins Rennen geht. Der Zyklus wiederholt sich.

Sein Lebensprojekt, Österreich umzukrempeln, verfolgt er jedenfalls weiter. Und sein Ziel, eines Tages Bundeskanzler zu werden, hat er erst recht nicht aufgegeben. Mit anderen Worten: Haider bleibt Haider. Ohne Theatralik kommt er nicht aus, als Politiker baut er auf Show und Effekte. Sein neuer Coup ist Show, ist Effekt. Er zeigt aber auch, dass Haider dazugelernt hat und geschmeidiger geworden ist. Der Dauerrebell hat eingesehen, dass er nicht mehr mit dem Kopf durch die Wand kann, wenn er seine Vorhaben durchsetzen will. Er geht überlegter vor. Haider plant. Das ist das Neue.

Markus Huber

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