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Politik: Zwei Urteile, ein Tenor

Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsrichter stellen alte Beamtenrechte über Reformpolitik

Berlin - Die Beamten dürfen sich freuen: Zwei höchste Gerichte – das Bundesverfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht – haben deren Rechte gestärkt, aber auch zwei Reformschritte im Beamtenrecht in Frage gestellt. Es geht um Teilzeitbeschäftigung, die nicht auf einen eigenen Antrag des Beamten zurückgeht, und die Befristung von Führungspositionen.

Die Teilzeitbeschäftigung von Beamten hat das Verfassungsgericht praktisch gekippt. Die Karlsruher Richter verwarfen in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss eine niedersächsische Regelung, auf deren Grundlage nach 1997 insgesamt 6400 Lehrer auf Dreiviertelstellen eingestellt wurden – um mehr Bewerbern eine Chance zu geben. Das widerspricht laut Gericht aber zwei Grundsätzen des durch Artikel 33 des Grundgesetzes geschützten Berufsbeamtentums: der Hauptberuflichkeit und der angemessenen Alimentation. Eine unfreiwillige, antragslose Teilzeitbeschäftigung stehe damit nicht in Einklang. Teilzeitbeamte seien auf eine Nebenbeschäftigung angewiesen. Das könne zu Interessenkonflikten führen, die Einsatzbereitschaft, Loyalität und Unparteilichkeit der Beamten gefährdeten. Beamte dürften nicht „Diener zweier Herren“ sein. Das Berufsbeamtentum sehen die Karlsruher Richter aber gerade als „ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatswesen gestaltenden politischen Kräften“. Im Übrigen könne der Gesetzgeber arbeitsmarktpolitische Rücksichten nehmen, indem er neue Lehrer als Angestellte beschäftige.

Dass die politisch gestaltenden Kräfte mit der Staatsreform 2006 den Artikel 33 geändert haben, um Beamtenreformen vorantreiben zu können, ließ die Mehrheit des Zweiten Senats in Karlsruhe ungerührt. Nach der neuen Fassung ist das öffentliche Dienstrecht zwar „unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ fortzuentwickeln. Für den Verfassungsrichter Michael Gerhardt, der ein Sondervotum vorlegte, kann das „kaum etwas anderes als eine Relativierung der Verbindlichkeit der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums bedeuten“. Mit ihrer einschränkenden Auslegung, wonach diese Grundsätze nicht fortentwickelt werden müssen, habe die Senatsmehrheit „in unzulässiger Weise“ dem Gesetzgeber vorgegriffen. Gerhardt bedauert, dass nun die Chancen, die sich aus Teilzeitbeschäftigung plus Nebentätigkeit für den einzelnen Beamten wie für die Gesellschaft ergäben, ungenutzt blieben.

Das Leipziger Bundesverwaltungsgericht hat schon zuvor die Befristung von Führungsämtern als verfassungswidrig eingestuft. Hier hatten Beamte aus Nordrhein-Westfalen geklagt. In NRW werden seit einigen Jahren Spitzenpositionen – etwa Amts- oder Schulleiter – erst nach Ablauf von zwei Amtszeiten (meist nach zehn Jahren) auf Lebenszeit übertragen. Dies zielt unter anderem darauf, mit der endgültigen Betrauung zu warten, bis sich der Beamte bewährt hat. Dagegen urteilten die Richter, dies sei nicht mit dem Gebot der Verbeamtung auf Lebenszeit vereinbar. Dieses Prinzip gelte auch für Ämter. Der Beamte solle dadurch vor Beeinflussungen (gemeint ist vor allem: aus der Politik) geschützt werden. Bei einer Befristung könnten Beamte ihr Verhalten „taktisch“ mit Blick auf die Amtsverlängerung ausrichten. Endgültig muss hier nun das Bundesverfassungsgericht entscheiden. (Az: 2 BvF 3/02; BVerwG 2 C 21.06)

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