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Zweiter Weltkrieg: Kaczynski vergleicht Morde an Polen mit Holocaust

In aller Früh hat Polen des Angriffs der Wehrmacht auf das Land vor 70 Jahren gedacht. Präsident Kaczynski nannte die polnischen Soldaten Helden - und setzte ihre Ermordung mit dem Völkermord an den Juden durch Nazi-Deutschland gleich.

Es ist der 1. September 1939, 4.45 Uhr: Das deutsche Kriegsschiff "Schleswig-Holstein" beginnt mit dem Beschuss des zur Festung ausgebauten polnischen Munitionsdepots auf der Westerplatte, der Zweite Weltkrieg hat begonnen. An dieses historische Ereignis und an alle Opfer dieses Kriegs erinnern die früheren Kriegsgegner an diesem Dienstag in gemeinsamen Gedenkveranstaltungen.

Begonnen hatten die Feierlichkeiten in den frühen Morgenstunden mit minutenlangem Heulen der Hafensirenen auf der Westerplatte, die noch vor Auschwitz und Warschau als wichtigster Erinnerungsort Polens gilt. Die Ehrenkompanie spielte die Nationalhymne. Am Ehrenmal für die Helden des siebentägigen Abwehrkampfes gegen den deutschen Überfall hielten Soldaten verschiedener Waffengattungen Wache.

Neben polnischen und deutschen Kriegsveteranen nahmen auch Polens höchste Repräsentanten, Präsident Lech Kaczynski und Ministerpräsident Donald Tusk, an den Feierlichkeiten teil. Beide Politiker erinnerten an die Verantwortung der Nachbarstaaten Deutschland und der damaligen Sowjetunion für Polens Niederlage und warnten vor Geschichtsfälschungen.

Insbesondere Kaczynski beschuldigte die Sowjetunion der Aggression gegen sein Land im September 1939 und hob das Heldentum der polnischen Soldaten hervor. Sie wären auch dann noch standhaft geblieben und hätten den deutschen Angreifern auch dann noch heldenhaft Widerstand geleistet, als schließlich die Rote Armee am 17. September 1939 in Ostpolen einmarschierte. "An diesem Tag hat Polen einen Messerstich in den Rücken erhalten", sagte Kaczynski. "Diesen Stoß hat das bolschewistische Russland versetzt." Dabei verwies er auch auf den Hitler-Stalin-Pakt als Ursache der Aggression.

In seiner Rede verglich Polens Staatsoberhaupt zugleich den sowjetischen Mord an polnischen Offizieren mit dem Holocaust. Es gebe einen Vergleich zwischen diesen Verbrechen, obwohl ihr Ausmaß sehr verschieden gewesen sei: "Juden starben, weil sie Juden waren. Polnische Offiziere starben, weil sie polnische Offiziere waren", sagte der Präsident. Kaczynski bezog sich dabei auf das Verbrechen im Wald von Katyn und an zwei anderen Orten. Dort hatte der sowjetische Geheimdienst rund 15.000 polnische Offiziere ermordet.

Auch der polnische Ministerpräsident Donald Tusk sprach vom "Überfall" Hitler-Deutschlands und der Sowjetunion auf Polen. Er fand allerdings auch versöhnliche Worte und versicherte, sein Land wolle das Gedenken nicht gegen andere verwenden. Tusk warnte davor, die Geschichte zu vergessen oder zu fälschen. Ohne "aufrichtiges Gedenken und die Wahrheit" könnten Polen, Europa und die Welt nicht sicher sein. Er sprach sich für "gemeinsame Erinnerung" aller ehemaligen Kriegsteilnehmer aus.

Tusk unterzeichnete die Gründungsurkunde für das geplante Museum des Zweiten Weltkrieges in Danzig. Die Einrichtung soll die Kriegserfahrungen aller beteiligten Nationen berücksichtigen. Im Programmrat sind auch deutsche und russische Historiker vertreten. Das Museum soll bis 2014 entstehen.

Am Nachmittag sollen die Gedenkfeierlichkeiten dann mit internationaler Beteiligung fortgesetzt werden. Unter den 20 Regierungschefs werden auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Regierungschef François Fillon und der russische Ministerpräsident Wladimir Putin anwesend sein. Auf dem Soldatenfriedhof wollen die Teilnehmer Grableuchten entzünden, bevor sie zum Westerplatte-Denkmal gehen. Dort sollen unter anderem Kaczynski, Tusk, sowie Merkel, Putin und der schwedische Regierungschef Fredrik Reinfeldt in seiner Funktion als derzeitiger EU-Präsident sprechen.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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