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2017 war der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (links) das letzte Mal im Weißen Haus bei Donald Trump.

© SAUL LOEB/AFP

Zwischen Impeachment und Erdogan-Besuch: Der Präsident, die Raketen und das Live-Verhör

Wenn der Kongress erstmals öffentlich Zeugen befragt, empfängt Trump zeitgleich Präsident Erdogan. Dessen Security verprügelte beim Besuch 2017 Demonstranten.

Dieser Mittwoch hat es in sich. Im US-Kongress werden das erste Mal die Kameras aufgebaut, um die Zeugenanhörungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump live in die Wohnzimmer der Amerikaner zu übertragen. Keine drei Kilometer entfernt wird Trump gleichzeitig den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan im Weißen Haus empfangen – beide Termine eint, dass sie, vorsichtig ausgedrückt, konfliktträchtig sind.

Bei den Impeachment-Anhörungen im Repräsentantenhaus sind die Fronten dabei klar: Die Demokraten, die in dieser Kongresskammer die Mehrheit stellen, werfen dem Präsidenten Amtsmissbrauch vor, weil er gewollt habe, dass sich die ukrainische Regierung zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einmischt. Die Republikaner wiederum verteidigen ihn und werden alles daran setzen, die Zeugen als reine Trump-Gegner darzustellen.

Bei den Beziehungen zur Türkei folgt Trump nicht mal mehr die eigene Partei

Bei der Frage, wie die USA mit Erdogan gut einen Monat nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien umgehen sollen, ob es wirklich eine gute Idee ist, ihn mit einer Einladung ins Weiße Haus zu ehren, hat Trump dagegen nicht die volle Rückendeckung seiner Parteifreunde. Unter anderem darum stand der Besuch auf der Kippe, immerhin hatte Trump der Türkei für den Fall eines Einmarschs mit der „wirtschaftlichen Vernichtung“ gedroht. Auch international war die Kritik an dem Angriff auf die Kurdenmiliz YPG, die als Teil der Syrischen Demokratischen Kräfte jahrelang treue US-Verbündete im Kampf gegen den IS waren, riesig.

Doch Trump wäre nicht Trump, würde er sich nicht über solche Bedenken hinwegsetzen. Ohnehin hatte er selbst den türkischen Einmarsch erst ermöglicht, indem er nach einem Telefonat mit Erdogan Truppen aus dem Grenzgebiet abgezogen hatte. Selbst aus seiner eigenen Partei war ihm deswegen Verrat an den kurdischen Verbündeten vorgeworfen worden. Die kurzzeitig verhängten Sanktionen hob er auf, nachdem die Türkei und die YPG einem Waffenstillstand zugestimmt hatten. Endgültig vom Tisch sind Sanktionen aber nicht: Es ist wahrscheinlich, dass der (republikanisch geführte) Senat den vom Repräsentantenhaus Ende Oktober verhängten harten Sanktionen zustimmen wird und auch ein mögliches Veto von Trump in dieser Frage überstimmen könnte.

Spannungen gibt es auch wegen Rüstungsdeals

Die Syrienfrage ist indes nicht der einzige Konflikt mit dem Nato-Partner. Die Sanktionen des Repräsentantenhauses beziehen sich auch auf den türkischen Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400 im Sommer. Dass Trump dies ansprechen wird, ist wahrscheinlich, nachdem sein Nationaler Sicherheitsberater Robert O’Brien gerade erklärte: „Wir sind sehr verärgert darüber.“ Die USA befürchten, dass Russland so an Daten über die Fähigkeiten des US-Kampfjets F-35 gelangen könnte, weil Ankara Partner beim Bau des Kampfjets war.

Offen ist, ob Erdogan die Resolution des Repräsentantenhauses vor zwei Wochen thematisieren wird, mit der die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich als Völkermord eingestuft werden. Unmittelbar danach hatte er das Votum als die „größte Beleidigung unseres Volkes“ bezeichnet. Ähnlich wütend war er zuletzt, als der Bundestag vor drei Jahren eine ähnliche Resolution beschlossen hatte. In die amerikanische Hauptstadt reist er nun trotzdem.

Wie friedlich es dabei zugehen wird, wird sich zeigen. Bei seinem letzten Besuch 2017 verprügelten seine Sicherheitskräfte Demonstranten vor der türkischen Botschaft. Washington wird genau hinschauen, wie Trump mit einem Staatschef umgeht, den Demokraten und Republikaner als „Diktator“ bezeichnen, der gegen US-Interessen handelt – während der Kongress gleichzeitig untersucht, ob sich der Präsident mit einer ausländischen Macht gegen innenpolitische Rivalen verbündet hat.

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