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Politik: Zwischen Sturm und Steppe

DAS DEUTSCHE WETTER

Von Thomas de Padova

Wir alle leiden unter der Hitze – und haben Spaß daran. Die Badeseen sind angenehm warm, die Mücken wegen Trockenheit ausgeblieben, die Blaubeeren schmecken besser denn je. Doch wir leben in einer Welt, die einen beunruhigenden Klimawandel erfährt: eine von uns mit verschuldete Erwärmung. In Deutschland scheint sich die Situation auch im Osten verschärft zu haben. Nach der Oderflut 1997, der Dürre 2000 und der Elbeflut 2002 hat ihn jetzt die nächste Dürre im Griff. Der Sommer zehrt den Osten seit jeher aus. Es sind die Westwetterlagen, die unser Klima bestimmen. Sie bringen Regen – aber vor allem dem Westen der Republik. Die Mittelgebirge wringen die weit gewanderten Wolken noch einmal kräftig aus, und oft erreichen nur noch ein paar Tropfen ein Land wie Brandenburg.

Klimaforscher haben dokumentiert, dass die Temperatur in Brandenburg seit 1960 im Jahresmittel um ein Grad gestiegen ist. Das klingt wenig, aber die Folgen sind unübersehbar: Winter wurden wärmer und feuchter, Sommer heißer und trockener, der Grundwasserspiegel sinkt. In den kommenden 50 Jahren wird sich die tägliche Sonnenscheindauer noch einmal um eine halbe Stunde verlängern.

Was bedeutet das für die Politik? Die Landesregierung wird sich zum Beispiel ganz schnell überlegen müssen, ob sie künftig nicht besser Wasserspeicher anlegt, statt den Winterregen weiter über künstliche Kanäle in Richtung Nordsee abzupumpen. Die derzeitigen Klagen der Bauern über massive Ernteausfälle kommen jedenfalls nicht überraschend.

Gerade weil aber jeder die arge Hitze spürt, sollten wir wacher darauf schauen, wo sie uns künftig zu schaffen machen könnte. Und das ist nicht nur die zunehmende Trockenheit, die den Weizenertrag schmälert oder die Wasserqualität in Berlin gefährden könnte, sondern auch die Häufung von extremen Wetterereignissen.

Die Zahl folgenschwerer Stürme, Hochwasser und Dürren hat sich in den vergangenen 50 Jahren weltweit vervierfacht. Die ärmsten Regionen der Erde haben darunter besonders zu leiden. Der Globus aber heizt sich weiter auf – unter der Glocke aus Kohlendioxid, das wir unvermindert aus Schloten und Auspuffrohren in die Luft blasen. Die wärmere, feuchtere Luft entlädt sich dann in kräftigen Schüben, zwischen denen es im Sommer bei uns lange trockene Phasen gibt.

Wir alle haben großen Respekt vor Unwetterwarnungen. Nicht zuletzt, weil wir nicht genau wissen, wo es unsere Städte und Dörfer treffen kann. Im stärker betroffenen Westen Deutschlands hat man aus den häufigeren Stürmen bereits gelernt und an Rhein oder Mosel Vorsorge getroffen. Bei der Besiedlung nahe der Elbe wurde dem Thema viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.

Das zeigte sich im vergangenen Sommer ganz dramatisch: Im Juli hatten die Elbe und ihre Nebenflüsse noch Niedrigwasser, aber im August ergossen sich plötzlich im Erzgebirge mancherorts innerhalb von 24 Stunden zwei volle Badewannen Wasser auf einen Quadratmeter Boden. Die Elbe und auch die Oderflut von 1997 sind warnende Beispiele dafür, wie schnell aus dem Mittelmeerraum kommende Tiefdruckgebiete das Land unter Wasser setzen können. Das Wenige, was im Sommer aus dem Westen hierher gelangt, droht immer öfter, zu viel auf einmal zu werden.

Es geht also um zweierlei. Wir sollten uns auf bereits unabwendbare Veränderungen des Klimas einstellen. Und wir müssen gleichzeitig den KohlendioxidAusstoß drastisch senken. Sonst wird es immer mehr Gegenden geben, deren Verfall sich mit Flut und Hitze ankündigt.

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