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Die neuen Sterne. Vier Frauen, sieben Männer. Winfried Kretschmann (Mitte) führt mit der grün-schwarzen Koalition in Baden-Württemberg keine geschlechtergerechte Landesregierung. Und jetzt meckert die CDU auch noch wegen des Gender-Sternchens.

© Christoph Schmidt/dpa

Zwist um das Gender-Sternchen: Von Demokrat zu Demokrat*in

Die hoffnungsfroh gestartete grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg trägt bei Twitter ihren ersten Beziehungsstreit aus: Grüne und CDU sind uneins über geschlechtergerechte Sprache.

Das große Ganze hängt immer und überall mit dem Kleinen zusammen. Das gilt im Großen und Ganzen auch für den kleinen, aber im Alltag nicht weniger groß empfundenen Unterschied zwischen Frau und Mann – und jenen Menschen, die geschlechtlich unentschieden sind.

Im Sinne der Gleichberechtigung haben die Grünen im vergangenen Jahr den Gender-Stern als sprachliches Hilfsmittel für eine „geschlechtergerechte“ Anrede aller Menschen eingeführt, ganz gleich, ob es sich um Kassierer*innen, Unternehmer*innen, Antragssteller*innen oder Unisextoilettenbenutzer*innen handelt.

Jetzt hat das kleine Sternchen in dem erst vor drei Wochen so hoffnungsfroh gestarteten grün-schwarzen Regierungsbündnis in Baden-Württemberg das erste Koalitionsgewitter ausgelöst, oder besser: ein Koalitionsgetwitter. Die Öffentlichkeitsarbeiter*innen der neuen Landesregierung hatten am Mittwoch über den Twitter-Account @regierungBW folgende Botschaft verbreitet: „Der grün-schwarze KoaVertrag ist ein demokratisches Reifezeugnis und das Ergebnis intensiver Verhandlungen guter Demokrat*innen“.

Prompt erfolgte in dem sozialen Netzwerk ein Ordnungsruf des CDU-Bundestagsabgeordneten Steffen Bilger, zugleich Bezirksvorsitzender der Union Nordwürttemberg: „Lassen Sie bitte die Genderschreibweise in LandesregierungsTweets!“

Der Kampf um Geschlechtergerechtigkeit im Sprachgebrauch tobt im Großen wie im Kleinen. In Berlin hat das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg, dem Fortschritt traditionell weit voraus, den „Gender*Star“ bereits offiziell ins Amtsdeutsch eingeführt, um „ Frauen und Männer als auch Menschen, die sich der Kategorisierung in das binäre Geschlechtersystem entziehen (wollen), als Bürger*innen oder Mitarbeiter*innen“ anzusprechen.

Friedrichshain-Kreuzberg führte den Gender-Star ins Amtsdeutsch ein

Auch hier gibt es Widerstand seitens der CDU, die mit 7,9 Prozent Wählerstimmen bei der letzten Kommunalwahl selbst zu den bedrohten Minderheiten im Bezirk zählt. War es nur ein Zufall oder kosmische Korrelation? In der ersten Ausgabe unseres Bezirksnewsletters „Leute“ haben wir am Mittwoch über den CDU-Bezirksverordneten Timur Husein berichtet, der sich dagegen verwahrt, dass seine schriftlichen Anfragen in den Antworten der Verwaltung mit Gender-Sternchen ergänzt werden: Das sei „links-ideologisch begründete Sprachverhunzung“.

Klein wirkt der politische Streit um das Sternchen, und kleiner noch, wenn man bedenkt, dass wir doch alle, ob Grüne oder Schwarze, aus dem Staub verglühter Sterne gemacht sind.

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