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Zypoern

© dpa

Zypern: Ein Loch in der Mauer

Noch versperrt eine Blechwand auf der Ledra-Straße in Nikosia den Weg in den türkisch kontrollierten Norden der geteilten Inselhauptstadt. Ein weiterer Grenzübergang in Zypern soll den neuen Anlauf auf die Vereinigung symbolisieren.

Schon in wenigen Tagen sollen auf Ledra-Straße, auf der beliebtesten Flaniermeile Nikosias, die griechischen Zyprer ungehindert in den türkischen Sektor spazieren können – und die Inseltürken in den Süden. Der neue Übergang ist ein Ergebnis des Spitzengesprächs, zu dem am Freitag der neu gewählte Inselpräsident Dimitris Christofias mit dem türkischen Volksgruppenführer Mehmet Ali Talat zusammenkam. Außerdem sollen die vor vier Jahren abgebrochenen Verhandlungen über eine Lösung der Zypernfrage wieder beginnen.

Die beiden trafen sich in der Residenz des UN-Zypernbeauftragten Michael Möller in der Pufferzone, die sich seit der Inselteilung von West nach Ost durch Zypern zieht. Fünf Übergänge gibt es. Aber keiner liegt so zentral wie der geplante an der Ledra-Straße. Inselgriechen vergleichen das sogar mit der Öffnung des Brandenburger Tors. Der türkische Volksgruppenchef Talat sprach nach dem Treffen von einer „neuen Ära“. Gemeinsames Ziel sei es, „eine umfassende Lösung zu finden“. Der seit Ende Februar amtierende griechische Inselpräsident Christofias versprach: „Wir werden unser Äußerstes tun, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.“ UN-Vertreter Möller, der am Treffen teilnahm, bezeichnete die Gesprächsatmosphäre als „sehr freundschaftlich“. Der Reformkommunist Christofias genießt auch bei vielen Zyperntürken hohes Ansehen, weil sich seine Partei seit jeher für Kontakte der beiden Volksgruppen einsetzte.

Zypern ist geteilt, seit 1974 die damalige griechische Obristenjunta die Insel zu annektieren versuchte. Die Türkei reagierte mit einer Besetzung des Inselnordens, um die türkischstämmige Minderheit zu schützen. Die später in der Besatzungszone ausgerufene „Türkische Republik Nordzypern“ wird nur von Ankara diplomatisch anerkannt. Der Zypernkonflikt belastet seit Jahrzehnten das Verhältnis der beiden Nato-Partner Griechenland und Türkei.

Während nun Arbeiter an der Ledra-Straße daran gehen, die verfallenen Gebäude im 50 Meter breiten Niemandsland zu sichern, und die türkischen Truppen sich aus der unmittelbaren Umgebung des geplanten Übergangs zurückziehen, sollen Expertengruppen beider Volksgruppen die Ergebnisse früherer Verhandlungsansätze sichten und einen Rahmen für die künftigen Gespräche abstecken. Christofias und Talat wollen in drei Monaten wieder zusammentreffen. Dann könnte die neue Verhandlungsrunde beginnen, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen. Der vorerst letzte Versuch einer Zypernlösung war vor vier Jahren gescheitert. Damals stimmten beide Volksgruppen über einen Einigungsplan des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan ab. Er sah weitgehende Selbstverwaltung der beiden Volksgruppen unter dem Dach eines gemeinsamen Bundesstaates vor. Während die türkischen Zyprer dem Plan zustimmten, lehnten die Inselgriechen das Papier mit Dreiviertelmehrheit ab. Zypern trat deshalb am 1. Mai 2004 geteilt der EU bei. Völkerrechtlich gehört zwar auch der Inselnorden zur Europäischen Union. Das EU-Regelwerk gilt aber vorerst nur im griechischen Süden der Insel.

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