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Europas Wunschkandidat. Nikos Anastasiadis muss jetzt schnell mit der EU über das Rettungspaket für den Inselstaat verhandeln. Foto: Yiannis Kourtoglou/AFP

© AFP

Politik: Zypern entscheidet für Europa

Der konservative Anastasiadis wird in der Stichwahl zum Präsidenten gewählt – und braucht schnell Geld.

Am Ende hat sich Nikos Anastasiadis ein wenig Pathos erlaubt. „Diese Wahl markiert den Beginn einer neuen Ära für Zypern“, sagte er, als er in der Küstenstadt Limassol seine Stimme abgab. Nach der Verkündung des Wahlergebnisses ließt er seinen Sprecher erklären: „Das ist ein klares und starkes Mandat für Veränderungen.“

Und dass er es damit Ernst meint, hat er schon im Wahlkampf klargemacht. „Die Krise verlangt nach einem Anführer“ – das war Nikos Anastasiadis’ Slogan im Wahlkampf. Er hat lange auf eine Kandidatur für das Präsidentenamt in Zypern hinarbeiten müssen.

Der 66-jährige Anwalt Anastasiadis ist ein politisches Urgestein. Von der Jugendorganisation der konservativen Demokratischen Sammlungsbewegung (Disy) stieg er Stufe für Stufe in der Partei auf, bis er 1997 zum Vorsitzenden gewählt wurde. Seit 1981 gehört er ununterbrochen dem Inselparlament an. Anastasiadis hat als Disy-Chef Führungsqualitäten bewiesen, ist aber kein charismatischer Politiker, kein Populist, sondern eher ein zurückhaltend auftretender Analytiker. Er scheut sich nicht, auch unbeliebte Positionen zu vertreten, wenn er sie für richtig hält. So kämpfte er 2004 für die Annahme des Annan-Friedensplans, den Vorschlag des früheren UN-Generalsekretärs Kofi Annan für eine Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel. Doch die Befürworter wie Anastasiadis führten einen aussichtslosen Kampf: In einer Volksabstimmung lehnten die griechischen Zyprer den Plan mit Dreiviertelmehrheit am 24. April 2004 ab – eine Woche bevor Zypern Mitglied der EU wurde.

Zu Anastasiadis’ unbeirrbaren Überzeugungen gehört, dass die Zukunft Zyperns in Europa liegt. Das unterscheidet ihn von seinem Vorgänger Dimitris Christofias. Der Kommunist hatte den EU-Beitritt Zyperns und die Einführung des Euro bekämpft. Wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit brüskierte Christofias die EU noch einmal, als er bei seinem letzten Auftritt im Europäischen Rat beklagte, Zypern werde von seinen EU-Partnern „verfolgt“ und „in die Enge getrieben“.

Anastasiadis setzt hingegen darauf, die Krise mithilfe der EU zu meistern. Eine andere Wahl hat Zypern auch gar nicht. Anastasiadis setzt auf einen schlankeren öffentlichen Sektor und will Anreize für private Investitionen geben, um die Insel aus der Rezession zu führen.

Im Januar kam Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eigens zu einem Treffen der Europäischen Volkspartei auf die Insel, um Anastasiadis den Rücken zu stärken. Sie versprach ihm Hilfe, gab ihm aber keinen Freibrief. Anastasiadis muss nun als Erstes versuchen, die Geldwäschevorwürfe zu entkräften, die er kürzlich im Tagesspiegel als „unfair und völlig übertrieben“ bezeichnete. Der neue Präsident muss die Verhandlungen über das Rettungspaket schnell abschließen, denn dem Staat geht das Geld aus. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagt er, „wirklich keine Minute“.

In dieser Einschätzung bestärkte ihn unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Wahlergebnisses auch Jeroen Dijsselbloem, der niederländische Finanzminister und Chef der Eurogruppe. „Es liegt sowohl im Interesse Zyperns als auch der Eurozone, dass wir so rasch wie möglich eine Einigung erreichen“, heißt es in einer abends von Dijsselbloem veröffentlichten Erklärung. Die von Zypern bisher abgelehnte Forderung, eine unabhängige Institution überprüfen zu lassen, ob er vor allem in Deutschland immer wieder erhobene Vorwurf stimmt, auf Zypern werde russisches Geld gewaschen, dürfte am 5. März, fünf Tage nach Anastasiadis Vereidigung in Brüssel auch wieder auf der Tagesordnung stehen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte der „Stuttgarter Zeitung“ am Sonntag jedoch: „Ich lasse mich nicht unter Zeitdruck setzen.“ Zunächst müsse Zypern nachweisen, dass das Land tatsächlich „systemrelevant“ für die Eurozone sei. mit dpa/AFP/rtr

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