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Wir kennen uns doch? Dieser Herr hat Berlin regiert, und das ganz schön lange.

© Gregor Fischer/dpa

Brandenburg: Auf der großen Bühne

Die Sanierung der Staatsoper ist ein Bauskandal. Einer aber will dafür nicht verantwortlich sein

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Berlin - In die Oper geht Klaus Wowereit schon noch gerne, „demnächst zu La traviata“, sagt er. Die gibt es nächsten Sonnabend im Schillertheater. Wäre es mit rechten Dingen zugegangen, dann würde das Stück in der Staatsoper Unter den Linden aufgeführt. Aber dort steht bisher nur Berlins neben dem BER zweite ewige Baustelle. Und weil die Verantwortung dafür in der Zeit des Regierenden Bürgermeisters Wowereit gesucht wird, war der Privatier am Freitag Hauptdarsteller im parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zu der Affäre.

Vorweg gesagt: Wowereit legte einen konzentrierten Auftritt hin, von Bissigkeit und Hohn, die er in seiner Amtszeit gerne mal aufblitzen ließ, keine Spur. Und natürlich trägt nicht er Verantwortlich für die Explosion der Kosten von rund 230 auf bisher geschätzte 400 Millionen Euro – sondern die Umstände. Die Pannen bei den Bauabläufen „kriegt man so mitgeteilt, da kann man auch nichts machen“, sagte Wowereit. Die Bauleute finden Pfähle im Untergrund, eine Firma geht insolvent – „das muss man dann so hinnehmen“, meint er.

Die Opposition mühte sich redlich, anhand von Protokollnotizen, Mails und Vermerken zu belegen, dass der Regierende sehr wohl an Strippen zog und so zur Katastrophe beitrug. Als Kultursenator war Wowereit schließlich ein Mann unter Einfluss von Stardirigent Daniel Barenboim. Und dessen Wunschkonzert war so gar nicht vereinbar mit dem Budget für die Sanierung. Damit der Klang länger nachhallt, wurde die Decke angehoben. Damit die Kulissen verschoben werden können, ein unterirdisches Bauwerk angelegt. Das alles musste mit einer denkmalgerechten Sanierung in Einklang gebracht werden. Ein Ding der Unmöglichkeit, wie man heute weiß, damals aber nicht absehbar – sagt Wowereit.

Der inszenierte sich jedenfalls geschickt als Sparkommissar. Deckenanhebung und unterirdisches Bauwerk? Damals „nicht als so komplex und kostensteigernd betrachtet“. Vier Millionen Euro für die Anhebung der Decke und Verbesserung der Sichtachsen – „das war zu vertreten“. Im Übrigen seien Sonderwünsche immer durch Kürzungen an anderer Stelle „kompensiert“ worden.

Genau das sagt auch sein damaliger Staatssekretär André Schmitz und berichtet von etlichen „Runden“ unter Beteiligung der Senatsverwaltung für Bauen, in denen sogar über die Erhaltung alter Garderobenschränke sinniert wurde, damit das Budget nicht überschritten wird.

Dass die ständigen Änderungen der Pläne das eigentliche Übel sind, wie jeder Bauexperte weiß, davon kein Wort. Bei der Staatsoper ging das Experimentieren gar so weit, dass die Arbeiten begannen, ohne dass das Projekt durchgeplant war. Barenboim wollte rasch wieder vom Schillertheater in West-Berlin zurück Unter den Linden, deshalb sollte alles schnell gehen. Wowereit räumt ein, dass dazu deshalb in Etappen geplant und gebaut wurde, auf seinen Vorschlag hin. Aber diesen hätten Experten der Bauverwaltung geprüft und keine Einwände vorgetragen. Von Anweisungen seinerseits will er nichts wissen – ohnehin habe er den Beamten der Bauverwaltung gegenüber kein Weisungsrecht.

Deren Schuld, wenn die Unfug aus falsch verstandenem Diensteifer zulassen, könnte man auch sagen. Naja, und auch Schuld des Bundes, der die bessere Akustik dafür verlangte, dass er seinen Beitrag von 50 auf 200 Millionen Euro erhöhte. Zumal das Extrageld ohne Barenboims Einflussnahme nicht geflossen wäre, sagt Wowereit. Ein Trostpflaster war es auch für die Weigerung, die Oper ganz zu übernehmen: Das „wollte die Kanzlerin so nicht“, sagt Wowereit.

Dessen Aussagen stehen für die Grünen im „krassen Gegensatz“ zu jenen „fast aller bisherigen Zeugen, die von politischen Vorgaben und Entscheidungen auf höchster Ebene berichtet haben“. Die Piraten sprechen von einem „System Wowereit“ und „wichtigen Entscheidungen ohne schriftliche Grundlage als Weisungen nach unten“. SPD und CDU sehen – Überraschung – keinen Ansatz für Kritik.Ralf Schönball

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