zum Hauptinhalt

Von Thorsten Metzner: Berlin familienfreundlicher als Brandenburg

„Gratis-Kitas“ und kleine Gruppen in der Hauptstadt/ SPD-CDU-Regierungskoalition sieht dafür keine Spielräume

Stand:

Potsdam - In Brandenburg wird es auf absehbare Zeit keine „Gratis-Kitas“ wie in Berlin geben. Landesregierung, aber auch SPD, CDU und selbst die Linken sehen dafür in den nächsten Jahren keine Chance. „Es wäre wünschenswert, aber wir können uns das nicht leisten“, sagte Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) am Mittwoch den PNN. „Wir steuern da einen anderen Kurs als Berlin.“ Er reagierte damit auf den jüngsten Beschluss des rot-roten Senates, wonach Eltern in Berlin für die Betreuung von Drei- bis Sechsjährigen ab 2011 keine Beiträge zahlen müssen. Schon seit 2007 ist hier –anders als in Brandenburg – das letzte Kita-Jahr beitragsfrei.

Dagegen hat für Rupprecht wie auch für die Volksparteien die Erhöhung des bundesweit schlechtesten Kita-Betreuungsschlüssels klar Vorrang. „Qualität geht vor Beitragsfreiheit“, so Rupprecht. Aber auch bei der Kita-Qualität liegt Brandenburg schon jetzt deutlich hinter Berlin, obwohl die Bundeshauptstadt ebenfalls als finanzschwach gilt. In Berlin ist eine Erzieherin für zehn Kinder, in Brandenburg für 13 Kinder zuständig. In der Krippe liegt der Schlüssel in Berlin bei eins zu sechs, in Brandenburg bei eins zu sieben. Im Landtagswahlkampf haben alle Parteien hier Verbesserungen versprochen. So wollen SPD und CDU nach der Wahl am 27.September den Krippen-Schlüssel auf eins zu sechs verringern. Das werde mit jährlich 17 Millionen Euro „teuer genug“, sagte Rupprecht. Bisher zahlt das Land 149 Millionen Euro für Kitas. Die CDU will darüber hinaus auch für die Drei- bis Sechsjährigen den Personalschlüssel leicht verbessern – auf eins zu zwölf.

Gratis-Kitas lehnt CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski ab. „Auch das hochverschuldete Berlin kann sich das nicht leisten. Das zahlen die anderen Bundesländer.“ In Brandenburg würden davon Familien profitieren, „die es sich leisten können“, sagte Rupprecht.

Trotzdem rechnet man in Berlin nicht mit einem Kita-Tourismus aus dem Umland. In den Genuss der Beitragsfreiheit kommen nur Berliner Kinder, sagte Jens Stiller, Sprecher der Bildungsverwaltung. Selbst wenn Kinder aus Brandenburg eine wohnortnahe Berliner Kita besuchen, was möglich ist, „müssen sie dann die üblichen Brandenburger Elternbeiträge zahlen. Und ihre Heimatgemeinde zahlt ebenfalls einen Satz an Berlin“, so Stiller. Missbrauch erwarte man nicht: Bei der Anmeldung an den Berliner Kitas werde der Hauptwohnsitz der Erziehungsberechtigten ermittelt.

Trotzdem wächst nach den Berliner Weichenstellungen der Druck auf Brandenburg, wo die „Kita-Initiative“ aus Erziehern und Eltern in ihrem Druck auf bessere Bedingungen in den Einrichtungen nach der Landtagswahl nicht nachlassen will. Rupprecht hält in der kommenden Wahlperiode weitere Verbesserungen für nötig. Ein Hauptargument der Regierungskoalition, wonach besonders viele Brandenburger Kinder in Einrichtungen gehen und deshalb jede Verbesserung extrem teuer sei, stimmt im Vergleich mit Berlin so nicht. Dort ist es nämlich genauso: In Brandenburg besuchen 93 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen eine Kita, in der Hauptstadt 92 Prozent. Auch bei den Kleinstkindern sind die Verhältnisse ähnlich. Trotzdem leistet sich Berlin kleinere Gruppen – und die komplette Beitragsfreiheit. Davon können Eltern und Erzieher im Land Brandenburg, das Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) zum familienfreundlichsten Land machen wollte, nur träumen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })