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Katja Böhler.

© Christoph Freytag

Landeshauptstadt: Edler Tropfen mit Kultur

Neu eröffnetes „Brandenburger Kultur- und Weinkontor“ plant Veranstaltungen über Flucht und Migration

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Innenstadt - Der Name verrät, dass hinter der Fassade mehr steckt als Regale mit edlen Tropfen: Am heutigen Freitag eröffnet in der Lindenstraße das „Brandenburger Kultur- und Weinkontor“. Im vorderen Ladengeschäft wird der Liebhaber regionaler Weine fündig und kann zwischen bekannteren Weingütern wie Lindicke in Werder oder weniger bekannten wie Marbachs Wolfshügel im südbrandenburgischen Jerischke wählen. Auch südafrikanische und süddeutsche Etiketten fallen ins Auge, ebenso Bücher über Potsdam und Brandenburg oder Marmeladen und Honig von diversen Höfen. Afrikanische Specksteinfiguren verweisen darauf, dass in den hinteren Geschäftsräumen, die über eine Treppe und einen kleinen Konferenzraum erreicht werden, ganz andere Arbeit wartet: die der Stiftung Partnerschaft mit Afrika.

Gegründet hat sie 2009 Katja Böhler. Nach einem Jurastudium in Südafrika koordinierte sie für die Bundeszentrale für politische Bildung den Afrika-Schwerpunkt. „Wir wollten weg davon, Afrikaner in die Bittsteller-Rolle zu drängen und hin zu einem chancenorientierten Handeln“, erzählt die 44-Jährige. Rund 130 afrikanische und deutsche Stipendiaten verglichen über Jahre die historischen, wirtschaftlichen und sozialen Ausgangsbedingungen und unterschiedlichen Entwicklungen ihrer Länder und entwickelten daraus Handlungsmöglichkeiten.

Bis vergangenes Jahr brachte ein großes Partnerschaftsprojekt Deutsche und Afrikaner aus Schule und Wissenschaft, Wirtschaft und Sport auf Augenhöhe zusammen, um gemeinsam Projekte zu entwickeln. Dadurch begegneten etwa deutsche Professoren ihren afrikanischen Kollegen. „In Deutschland ist die afrikanische Hochschullandschaft jenseits von Südafrika und Kenia kaum bekannt“, stellt Böhler fest, die hauptberuflich im Brandenburger Wissenschaftsministerium arbeitet. „Auch, dass in Afrika das Internetbanking erfunden wurde und das Bezahlen per Handy viel üblicher ist, weiß hier kaum jemand.“

Als die Projekte 2015 ausliefen, orientierte die Stiftung sich neu. Neben dem Thema Verbraucherschutz stehen Deutschland als Einwanderungsland sowie Flucht und Migration auf dem Programm. Zugleich beschloss Katja Böhler gemeinsam mit den anderen Vorstandsmitgliedern, ein kleines Unternehmen mit Brandenburger Bezug zu gründen - und verlegte das bisherige Büro mitsamt neuem Weinkontor in eine Straße mit Laufkundschaft.

Am 30. September beginnt hier eine zweiwöchige Veranstaltungsreihe zur Flüchtlingsdebatte. Was brauchen Menschen, die hierher flüchten, jenseits von materiellen Gütern - und was erwarten sie? Auf diese Fragen will Holger Ehmke vom Stiftungsvorstand eine Antwort finden und lädt zum ersten Termin einen Spandauer Pfarrer und einen Flüchtling ein. Diese Art politischer Bildung soll viele Menschen erreichen - und natürlich gibt es dazu ein Gläschen Wein. Der Verbund aus Weinkontor und Stiftung soll, so der Wunsch, für beide Seiten profitabel sein: „Wir wollen, dass der Weinkenner zum Freund der Veranstaltungsgänger wird und umgekehrt. Und beide sollen zu Freunden Afrikas werden.“

Die regionalen Winzer hätten die neue Vermarktungsidee begeistert aufgenommen, sagt Ehmke. Mit neun von 14 Brandenburger Weingütern kooperiert das Geschäft bereits - und mit einigen Experten: „Die Passanten interessieren sich sehr für unseren regionalen Schwerpunkt“, erzählt Christel Morgenstern. Die ehemalige Chefin der Berliner „Weinwirtschaft 28“ bringt Riesling, Regent und Dornfelder garantiert an die Potsdamer. „Ich habe schon einige Flaschen verkauft.“

Isabel Fannrich-Lautenschläger

Isabel Fannrich-Lautenschläger

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