Landeshauptstadt: Havelspange bedroht Weltkulturerbe
Prognose: 4000 Autos mehr pro Tag am Neuen Palais / Anwohner protestieren, Unesco prüft Auswirkungen
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Prognose: 4000 Autos mehr pro Tag am Neuen Palais / Anwohner protestieren, Unesco prüft Auswirkungen Potsdam-West - Die ersten Negativ-Auswirkungen der LKW-Maut haben nun auch Potsdams Straßen erreicht. Mitglieder der Initiative „Bürger für Verkehrsberuhigung in Potsdam West“ demonstrierten mit einer „Mautstation Forststraße“ am Sonnabendmittag gegen den erhöhten Schwerlastverkehr. „Noch gibt es keine genauen Zahlen, aber der Verkehr hat spürbar zugenommen“, so Sprecher Albrecht Söllner. Doch es kann noch schlimmer kommen. Wegen des geplanten dritten Havelüberganges, der so genannten Spange, werde sich nicht nur der Verkehr in der Forststraße erhöhen. Die Verkehrspolitik der Stadt ließ bereits die Unesco auf den Plan rufen. Grund ist die Streckenführung der abgespeckten westlichen Ortsumgehung: Die einst entwickelte Streckenführung von der Havelspange durch den Wildpark, an Golm vorbei zur B 273 steht nicht im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans, allein die Havelüberquerung soll durch Bundesmittel gebaut werden (PNN berichteten). Die Folge: Die Alternativstrecke führt direkt am Neuen Palais und dem Schloss Lindstedt vorbei. „Touristen waren entsetzt, als sie diese Pläne sahen“, so Söllner. Wie auch die Unesco, die nun durch die internationale Denkmalschutzbehörde Auswirkungen der Umgehung prüfen lässt. Mögliches Ergebnis: Der Eintrag in die rote Liste gefährdeten Weltkulturerbes. Doch die Stadtverwaltung scheint sich nicht zu sorgen. „Weder Stadtplanungschef Andreas Goetzmann noch Oberbürgermeister Jann Jakobs sahen bisher Handlungsbedarf“, sagte Söllner. In einer Stellungnahme der Stadt wurde zwar für 2015 eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens am Neuen Palais um etwa 4000 Fahrzeugen auf insgesamt 9500 Autos pro Tag bestätigt. Aber eine unverträgliche Beeinträchtigung der Schlösser und Gärten sei daraus nicht abzuleiten, so die Verwaltung. Als Vergleich wird die Schopenhauer Straße am Park Sanssouci herangeführt, die bereits derzeit 19 500 Fahrzeuge am Tag befahren. Dank der Havelspange sei 2015 mit einer Reduzierung des Verkehrs in der Schopenhauer Straße zu rechnen, schätzt die Stadt. Statt dann 24 500 KfZ pro Tag werden es dann nur noch 24 000 Autos sein. Grund genug für Söllner, ob der Minimalauswirkungen das gesamte Projekt in Frage zu stellen. „Die Stadt schämt sich nicht einmal zu sagen, dass sich durch die Havelspange der innerstädtische Verkehr um höchstens sechs bis zehn Prozent reduzieren würde.“ In Zahlen: Statt bisher 40 000 Fahrzeugen auf der Langen Brücke wären es dann 36000 bis 38000 Autos sein. „Das ist keine spürbare Entlastung.“ Und die Initiative kann auf prominente Schützenhilfe bauen. Der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Hartmut Dorgerloh, kritisiert die Trassenführung ebenso wie Bahnchef Hartmut Mehdorn, der laut Söllner kürzlich bei OB Jakobs eine ruhige Umgebung für die Bahnakademie am Bahnhof Park Sanssouci angemahnt hatte.
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