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Landeshauptstadt: Ja zu „James Krüss“

Fischer und Müller kritisieren Verfahren zur Ermittlung von Sprachheilbedarf

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Am Schlaatz - Die Sprachheilschule „James Krüss“ werde auf keinen Fall ersatzlos aus der Potsdamer Schullandschaft gestrichen, erklärte die Bildungsbeigeordnete Gabriele Fischer gestern. Gemeinsam mit ihrer Amtskollegin Elona Müller hatte sie aus aktuellem Anlass zum Thema Frühförderung und Förderschulen geladen. Auch wenn es immer oberstes Ziel sei, Kinder mit Entwicklungsdefiziten in Regelschulen zu integrieren, gebe es Einzelfälle, die diese intensive Förderung nötig machten, sagte Gesundheitsbeigeordnete Elona Müller.

Ein Bedarf, den Michael Frey, Leiter der Sonderpädagogischen Förder- und Beratungsstelle, bestreitet. Die dem Staatlichen Schulamt zugeordnete Stelle entscheidet in individuellen Feststellungsverfahren darüber, welcher Schulort der geeignetste für Kinder mit Auffälligkeiten ist. In den vergangenen zwei Jahren wurde in keinem der zu begutachtenden Fälle die Sprachheilschule benannt. Mit der Folge, dass an der James Krüss keine ersten Klassen gebildet werden konnten (PNN berichteten). Auch die Kinder- und Jugendärztin im Potsdamer Gesundheitsamt Angelika Groß bekam den Hinweis aus der Sonderpädagogischen Beratungsstelle, den Eltern nicht mehr die Sprachheilschule als Wahlmöglichkeit anzubieten. „Das würde zur Verwirrung der Erziehungsberechtigten führen“, gab Medizinerin Groß die Argumentation wieder. Stattdessen wurde von Frey auf das 2005 eingeführte zweistufige Begutachtungsverfahren verwiesen. Danach werden Kinder mit Sprachauffälligkeit zunächst an einer normalen Grundschule eingeschult, dort aber bis zu zwei Jahre lang sonderpädagogisch begleitet und gefördert. Nach dieser Prüfzeit werde abschließend der Förderbedarf festgelegt. Ein Verfahren, das von der Beigeordneten Müller scharf kritisiert wird. Da gehe wichtige Zeit verloren, sagte sie. Eine solche Beurteilung müsse noch vor Einschulung geschehen, forderte sie deshalb. Kinderärztin Groß pflichtete ihr bei. Kinder, die erhebliche Sprachauffälligkeiten wie Stottern oder bei der Artikulation hätten, würden in einer Regelschule „kaputtgespielt“, befürchtet sie. Alles, was bis dahin über Frühfördermaßnahmen erreicht sei, werde „zu nichte gemacht“. Bisher zu wenig einbezogen in die Feststellungsverfahren seien auch die Empfehlungen von Logopäden und Therapeuten, die zum Teil bereits Jahre mit dem Kind arbeiteten, bemängelte Müller. Laut Verordnung sei das Entscheidungsgremium lediglich „berechtigt“, Fremdgutachten einzubeziehen. „Daraus muss eine Pflicht werden“, sagte die Gesundheitsbeigeordnete.

Dass die Förderschule Kinder stigmatisiere und einen eingeschränkten Schulweg vorgebe, wie Sonderpädagoge Frey sagt, konnte die Bildungsbeigeordnete widerlegen. Von den diesjährigen 31 Schulabgängern der Sprachheilschule setzten 27 ihre Schullaufbahn an normalen Schulen fort. Zurzeit besuchten rund 80 Kinder mit Sprachdefiziten die James Krüss. Gesamt gesehen seien es Einzelfälle, die dieser besonderen sprachlichen Förderung bedürften, betonte die Beigeordnete. Für sie aber müsse trotz aller Integrationsbestrebungen das Angebot erhalten bleiben. Deshalb erwäge sie, den Beispielen aus Cottbus und Frankfurt (Oder) zu folgen, so Fischer. Dort seien an die Stelle der Sprachheilschule Förderklassen getreten. Hier hätten die Schüler ihren Schonraum im Klassenverband und gleichzeitig Zugang zum restlichen Schulbetrieb. In einer gemeinsamen Sitzung wollen die Ausschüsse Jugendhilfe, Bildung und Gesundheit nun über die Zukunft der Sprachheilförderung beraten.

Nicola Klusemann

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