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Friseur Mike Wittich, Chef vom "Schnittpunkt" aus Potsdam, darf ab Montag wieder Kunden empfangen.

© Andreas Klaer

Friseure öffnen am Montag: Jetzt heißt es Lockedown

Brandenburg lockert seine Corona-Maßnahmen. Ab kommender Woche dürfen neben Friseuren auch Gartencenter wieder Kunden empfangen. Erwartet wird allerorts ein großer Andrang.

Von Carsten Holm

Potsdam - „Hurra, es ist endlich so weit!“ Die große Freude, am Montag nach zehn Wochen Lockdown wieder zur Schere greifen zu können, hat der Friseur Henryk Braun aus der Hebbelstraße 44 auf seiner Homepage im Internet ausgedrückt, als wolle er sie hinausschreien. Doch seine Begeisterung darüber, dass es jetzt Lockedown statt Lockdown heißt, hat eine Kehrseite: Die Kunden müssen Geduld haben. Seine Hochrechnung mit den Stammkunden habe ergeben, schreibt Braun, „dass wir etwa drei Monate benötigen, um allen einen Termin anbieten zu können“.

Potsdam ohne das Schnippschnapp der Friseure – das war eine harte Zeit. Sichtbar auch vor ein paar Tagen während der Sitzung der Stadtverordneten: Manche Politiker hatten ihr Haupthaar einfach wachsen lassen. Hier und dort schaffte es eine Matte so weit über den Kragen, dass sich PNN-Beobachter an die 1980-er Jahre erinnert fühlten: „Es sah bei einigen, vor allem aus der Linke-Fraktion, ziemlich wild aus.“

Unmoralische Angebote

Doch anders als damals war dies keine Gesellschaftskritik, sondern der Not entsprungen. Denn Scheren, Bürsten und Kämme mussten ruhen – es sei denn, die Längerhaarigen ließen sich von Schwarzarbeitern unter den Figaros bedienen. Eine Potsdamer Friseurin erzählte den PNN, in welche Höhe die unmoralischen Angebote im Lockdown geklettert waren: „Mir hat jemand um drei Ecken 100 Euro für einen Herrenschnitt geboten – mehr als das Doppelte des normalen Preises.“ Sie lehnte ab.

Auf der Verkaufsplattform Ebay waren immer mal wieder „Einladungen an Friseure zum Kaffeetrinken“ zu lesen, Mike Wittich, dem Chef des Salons „Schnittpunkt“ in der Kurfürstenstraße, fiel beim Spaziergang durch die Stadt auf, „wie viele Männer gut frisiert unterwegs waren“. Wären sie erwischt worden, hätten Bußgelder zwischen 1000 und 10 000 Euro verhängt werden können.

Großer Andrang

Die Friseure sind froh, endlich wieder Kunden begrüßen und ihrem Handwerk nachgehen zu können. Dennis Puck vom Konturzimmer an der Dortustraße hat den Lockdown für Umbauten seines Salons genutzt, und als sich die Nachricht von der Öffnung zum 1. März verbreitet hatte, buchten sofort mehr als 60 Kunden einen Termin. Bis Mitte April, sagt er, gebe es keinen mehr. Elke Mahlow, stellvertretende Obermeisterin der Friseurinnung und Inhaberin des Salons Mahlow im Schlaatz, hat Haarfarben und Shampoos bestellt und die Fenster geputzt, „damit wir Montag loslegen können“. 

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Auch im Salon Cordula in Babelsberg haben sich die Kunden angemeldet, „einige Termine gibt es aber noch“. Christin Lack, Inhaberin des „HaarLack“ in der Zeppelinstraße, gehört zu denen, die nur über die Runden kamen, weil sie einen Kredit über 40 000 Euro aufnahm, von dem sie 25 000 Euro in Anspruch genommen hat. Zehn Wochen hat sie nichts verdient. „Ich freue mich, ab Montag nicht mehr vom Staat abhängig zu sein“, sagte sie den PNN, „aber vor Corona war ich schuldenfrei, und jetzt zahle ich jeden Monat 700 Euro ab“. Den noch offenen Verfügungsrahmen von 15 000 Euro lässt sie „für den nächsten Lockdown bestehen“.

Berliner Blumenläden bleiben zu

Die brandenburgischen Blumenläden und Gartencenter dürfen ab Montag öffnen, die Berliner – Stand Donnerstagabend – nicht. Gartenbauer wie Peter Schultz in Sacrow rechnen damit, dass ab Montag viele Berliner über die nahe Stadtgrenze kommen. „Hier blüht alles“, sagte er, „Stiefmütterchen, Primeln, Hornveilchen und Vergissmeinnicht“. Die meisten Pflanzen, auch die Frühlingsblütler unter den Stauden, hat der Familienbetrieb selbst gezogen, „wir kaufen wenig dazu“.

Gut vorbereitet. Mitarbeiterin Janina in der Sacrower Traditionsgärtnerei Schultz.
Gut vorbereitet. Mitarbeiterin Janina in der Sacrower Traditionsgärtnerei Schultz.

© Andreas Klaer

Dirk Waskowsky, Inhaber der Potsdamer Staudenkulturen in der Gärtnerei an der Golmer Chaussee, weiß, was seine Kunden erwarten: „Die ganze Halle ist bunt.“ Mit großem Andrang rechnet auch Christoph Kania von der Baumschule Kania in Neu Fahrland.

Wolfgang Kautz, der 77-jährige Oldie des Potsdamer Pflanzengewerbes aus der Florastraße in Bornim, hat gerade 100 Stauden Rittersporn für die Erfurter Gartenbauausstellung geliefert. Er hofft, dass bei dem erwartbaren Zulauf am Montag „alle Kunden die Abstandsgebote einhalten“.

In den Potsdamer Baumärkten Hornbach im Ortsteil Marquardt, Hellweg an der Fritz-Zubeil-Straße und Toom an der Großbeerenstraße geht man indes auch davon aus, dass ab Montag Pflanzen angeboten werden dürfen. Ob der Verkauf nur im Außenbereich oder auch innen möglich sein wird, war bis Donnerstagabend allerdings noch unklar.

Hier gibt es Pflanzen

Potsdams Gartenmärkte öffnen wieder: Hier eine Auswahl:

  • Potsdamer Staudenkulturen; Golmer Chaussee 47
  • Gärtnerei Schultz; Kladower Straße 26, Sacrow
  • Baumschule Kania; Martinsweg 4, Neu Fahrland
  • Gartenbaubetrieb Wolfgang Kautz; Florastraße 4, Bornim

Die Baumärkte Hornbach in Marquardt, Hellweg an der Fritz-Zubeil- Straße und Toom in Babelsberg gehen davon aus, dass sie ab Montag Pflanzen und Blumen verkaufen dürfen, hatten aber bis Donnerstagabend keine verbindliche Nachricht darüber. 

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