Landeshauptstadt: „John Barnett“ am Kai
Das aus einem alten Lastkahn entstandene Restaurantschiff hat an der Schiffbauergasse angelegt
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Das aus einem alten Lastkahn entstandene Restaurantschiff hat an der Schiffbauergasse angelegt Von Erhart Hohenstein Die „John Barnett“ liegt am Kai der Schiffbauergasse. Sicher brachte Carsten Klink, Chef der Reederei Ed Line, mit dem Schubschiff „Emma“ das schwimmende Restaurant von der Werft Neuderben bei Parey über 84 Flusskilometer auf Elbe und Havel in sechsstündiger Fahrt in den Bestimmungshafen. Das Restaurantschiff wird nach Anstrich und Vollendung der Innenausstattung ab Mitte April die Mitarbeiter des Softwareunternehmens Oracle mit Mittagessen versorgen, täglich zwischen 11 und 17 Uhr aber auch als Gaststätte öffentlich zugänglich sein. Voraussetzung dafür ist die Sanierung der Kaimauer, die von der Stadtverwaltung für die erste Aprilhälfte zugesagt ist. Bisher war von den Betreibern Petra Huse und Clemens Lambrecht im Winterhalbjahr die von der Weißen Flotte angemietete „Charlottenhof“ für die Versorgung von Oracle genutzt worden, die in der Saison aber wieder für den Ausflugsverkehr gebraucht wird. Mit dem Schiff haben sich die Berlinerin und der Schwabe, die in Potsdam auch das „Weinkontor“ betreiben, einen Traum erfüllt. In Spandau hatten sie das alte Motorgüterschiff „Aviso", Baujahr 1886, gekauft. Um als Restaurant zu dienen, musste der Kahn auf der Werft im Wortsinn einschneidende Veränderungen über sich ergehen lassen. Aus dem 65 m langen Schiffskörper wurden in der Mitte 25 m herausgetrennt, denn erst so erreichte er ein Maß, mit dem er an der Schiffbauergasse den Blick über das Wasser nicht verstellt. Trotzdem bleibt den neuen Eignern genügend Raum, um auf dem verkürzten Schiff ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Durch das Steuerhäuschen, dem sich eine „Kapitänslounge“ für 20 Personen anschließt, erreicht der Gast an der abgerundeten Theke vorbei das Restaurant mit knapp 100 Plätzen. Es ist in einen Raum, in dem à la carte serviert wird, und einen zweiten für Feiern und Festlichkeiten geteilt. Zum Heck schließen sich Küche, Lager und die anderen Wirtschaftsräume an. Die beiden aktiven Wassersportler Huse und Lambrecht verabscheuen „maritimen Kitsch“. Sichtbar machen wollen sie jedoch den Ankerkasten im Bug und Teile der Konstruktion und der Maschinerie. „Wir möchten die Erfahrung vermitteln, dass dieses Schiff ein Arbeitsschiff war“, erklärt Petra Huse. Mit der von ihm gepflegten Küche, in die er Gerichte seiner Heimat, etwa Maultaschen, einbringt, hat Clemens Lambrecht im Weinkontor viel Anklang gefunden. Ausbauen möchte er das maritime Angebot, ohne die „John Barnett“ in ein Fischrestaurant zu verwandeln. Die Öffnungszeiten werden über 17 Uhr hinaus verlängert, lautstarken Schiffertanz wird es aber nicht geben. Mit dem Schiffsnamen „John Barnett“ erweisen die Eigner dem Standort Schiffbauergasse ihre Referenz. Der Engländer John Barnett Humphrey hatte 1816 in Spandau das erste preußische Dampfschiff, die „Prinzessin Charlotte von Preußen“, gebaut und war mit seiner Werft ein Jahr später nach Potsdam umgezogen. Hier entstand der seinerzeit größte preußische Dampfer, die „Blücher“. Im Restaurant wird auf diese geschichtlichen Zusammenhänge hingewiesen, ein Museum soll es aber nicht werden.
Erhart Hohenstein
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