Landeshauptstadt: Keine Kulturhauptstadt
Gespräch zur kulturellen Rolle Potsdams im Land
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Innenstadt - Ist Potsdam als Landeshauptstadt gleichzeitig die Kulturhauptstadt des Landes ? Diese Frage versuchte eine Podiumsdiskussion, zu der die Rosa-Luxemburg-Stiftung Dienstagabend ins Alte Rathaus eingeladen hatte, zu beantworten. Moderiert von der Stadtverordneten Karin Schröter (Die Linke) saßen folgende Experten im Podium: der Journalist Volker Oelschläger, Frank Reich vom Landesverband Freier Theater, Galerist Werner Ruhnke, die Potsdamer Fachbereichsleiterin Kultur und Museen Birgit-Katharine Seemann und Fachhochschulprofessor Hermann Voesgen.
Die Frage des Abends brachte einzig Voesgen auf den Punkt, indem er sagte: „Potsdam hat keine besondere Stellung in der Kultur.“ In vielen Stadtteilen sei das Angebot sehr gering. Die Potsdamer Kultur liege im Schatten der Schlösser und Gärten mit ihren jährlich einer Million Besuchern. „Wir schaffen es nicht, dass Potsdam Kulturhauptstadt des Landes wird“, sagt Voesgen unmissverständlich. Diese Funktion habe die Stadt nie gehabt; für das Land Brandenburg sei Berlin das kulturelle Zentrum. Ruhnke spricht gar von einer „verklemmten Haltung in der politischen Diskussion gegenüber Künstlern“. Wenn eine Bonbonfabrik ihre Produktion aufnehme, gebe es einen großen Bahnhof, wenn aber hundert Künstler hierher ziehen, gehe es allenfalls um die Frage, ob die Künstler Subventionen wollen. Immerhin sieht der Galerist einen positiven Trend in der Haltung zur Gegenwartskunst. Aber das Potenzial der Künstler werde von der Kommune noch viel zu wenig genutzt.
Die Podiumsdiskussion verlief insgesamt in eine Richtung, die als Motto die Frage: Gibt es genug Geld für die Kultur? verdient hätte. Fachbereichsleiterin Seemann, vom Naturell her Optimistin wie sie sagt, hebt hervor, dass sich der Kultur-Etat erhöht und für die „kleinteilige Projektförderung“ sogar verdoppelt habe. Seit zwei Jahren im Amt, sieht Seemann Potsdam im kulturellen Aufwind, wobei vor allem das Spannungsverhältnis von Tradition und Moderne die Besonderheit der Landeshauptstadt ausmache. Highlight sei die Schiffbauergasse: „Das Ensemble ist einmalig“. An dieser Stelle hakt Oelschläger kritisch ein, dass es an der Zeit sei, die vielen Kulturbaustellen endlich zu Ende zu führen.
Den von Seemann gelobten Aufwärtstrend sieht Frank Reich nicht auf allen Gebieten. Er erwähnt, dass der Medien-Etat der Stadt- und Landesbibliothek „lächerlich“ sei und die Museen „ohne Konzept heruntergefahren“ wurden. Dirk Harder vom Lindenpark setzt in Bezug auf die Jugendkultur und die Schließung von Jugendeinrichtungen noch eins drauf, indem er sagt: „Man muss blind sein, um nicht zu sehen, dass es den Bach runtergeht.“ Günter Schenke
Günter Schenke
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