Landeshauptstadt: Kreuzfeuer nach Polizeieinsatz
Linke erhebt den Vorwurf, Jakobs behindere die Aufklärung eines Polizeieinsatzes gegen Jugendliche
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Innenstadt - Die gewaltsame Räumung der Skaterhalle in der Kurfürstenstraße durch die Polizei vor zwei Wochen hat ein politisches Nachspiel. Die Linke wirft Oberbürgermeister Jann Jakobs vor, die Aufklärung der Vorfälle zu behindern, indem er eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch aufrecht erhält. Dies trage dazu bei, dass keiner der 300 Jugendlichen, die in der Nacht vom 8. auf den 9. November eine illegale Party bis in die Morgenstunden feierten, gegen vermeintliche Übergriffe der Polizei aussagen kann, erklärte Sigrid Schröder (Linke). Diese müssten sofort mit Gegenanzeigen rechnen, weil sie auf der Veranstaltung gewesen sind. Dabei gebe es Videomaterial im Internet, das nicht für die Polizei spräche. Die Linke sprach sich zum Willen der Deeskalation für eine Rücknahme der Anzeige aus.
Jakobs erklärte gestern, er wolle die Anzeige nicht zurücknehmen. Den Vorwurf der Linken wies er zurück. Polizei-Schutzbereichsleiter Ralf Marschall sagte, er könne nur Ermittlungen gegen Polizisten führen, wenn es Hinweise oder Anzeigen der Teilnehmer gebe. Warum die öffentlich geäußerten Beschuldigungen durch den Stadtverordneten Lutz Boede kein für Ermittlungen ausreichender Anfangsverdacht sind, blieb gestern offen.
Was in der besagten Nacht geschah, beurteilen Polizei und Jugendliche unterschiedlich. Jugendliche, die am Samstag an einer Demonstration für mehr Freiräume der Jugendkultur in der Innenstadt teilgenommen hatten, feierten am Abend in der alten Halle eine unangemeldete Party. Um 4.06 Uhr ging in der Leitstelle der Polizei eine Beschwerde ein, 4.33 Uhr waren zwei Funkstreifenwagen am Ort des Geschehens. Dabei wurde gestern bekannt, dass Ralf Marschall selbst in der Nacht telefonisch über den Einsatz informiert wurden und wusste, dass um 5.30 Uhr eine Hundertschaft Polizisten aus Berlin in der Innenstadt Stellung bezog, um eine nächtliche Ruhestörung von 300 Jugendlichen zu beenden. Während die Jugendlichen anschließend von massiven verbalen und körperlichen Angriffen seitens der Polizei sprachen, sprach die Polizei von massiven verbalen und körperlichen Angriffen seitens der Jugendlichen.
Aus dem Protokoll der Polizei geht hervor, dass um 5 Uhr Platzverweise gegen alle Jugendlichen ausgesprochen worden sind, gegen 5.30 Uhr die Musik von den Jugendlichen komplett ausgestellt worden ist und um 5.50 Uhr eine letzte, zehnminütige Frist für die 300 Jugendlichen zum Verlassen des Ortes ausgesprochen wurde. Nach Polizeiangaben wollten die Jugendlichen die Halle aus Protest gegen die fehlende Räume für Jugendliche in der Stadt besetzen. Danach sei es zur Auflösung der Veranstaltung gekommen. Marschall beschrieb die entscheidenden Szenen bei der Räumung des Areals gegen 6 Uhr: „Die Jugendlichen rennen weg, die Polizei rennt hinterher“. Warum die Polizei hinterherrennt, obwohl die Jugendlichen die Musik ausgemacht haben und die Versammlung verlassen wollten, fragten Stadtverordnete. Die Antwort der Polizei: Es habe eine Entscheidung des Einsatzleiters zu Platzverweisen gegeben, woraufhin die Jugendlichen in Gruppen weg vom Ort des Geschehens begleitet werden sollten, „um Folgestraftaten zu verhindern“, so Marschall. Eine solche Entscheidung könne man nicht zurücknehmen, sagte Polizeichef Rainer Kann. Michael Schröder (CDU) befürwortete den Polizeieinsatz. Die Täter dürften nicht zu Opfern werden, die Polizei sitzt auf der Anklagebank. Er wertete den Einsatz als „besonnen“, es sei keiner zu Schaden gekommen. jab
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