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Landeshauptstadt: Taufe in der Havel

Michael Lefherz, neuer Pastor der Baptisten, will „Kirchendistanzierte“ mit einem Grundkurs des Glaubens locken

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Bei der Baptistentaufe geht der Gläubige baden. Während Protestanten und Katholiken Neuchristen mit ein paar Wasserspritzern in die Glaubensgemeinschaft aufnehmen, wird bei der Evangelischen Freikirchlichen Gemeinde der ganze Körper untergetaucht. Aus diesem Grund finden sich im Zentrum baptistischer Kirchen große an ein Heimschwimmbad erinnernde Bassins. Schöner sei die Gläubigentaufe natürlich in einem Fluss, sagt Michael Lefherz, neuer Pastor der Potsdamer Baptisten-Gemeinde. In seiner Mannheimer Zeit beispielsweise habe er im Rhein getauft. Auch durch ein Bad in der Havel könnten Menschen ihr Glaubensbekenntnis ablegen, sagt Lefherz, und will das auch ermöglichen.

Der 44-jährige Gottesmann hat eine Mission. Als er selbst vor der Entscheidung stand, nach dem Abitur mit Physik- und Mathe-Leistungskurs eine naturwissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen oder etwas anderes mit seinem Leben anzufangen, hörte er eine Predigt. Darin war von dem Befreienden des Evangeliums die Rede. Ein Schlüsselerlebnis für Michael Lefherz. „Nun wusste ich, was meine Berufung war.“ Wenn der gebürtige Nordrhein-Westfale mit dem rollenden „R“ aus dem Siegerland das erzählt, wirkt das keineswegs verklärt. Auch wenn er von Spiritualität und Transzendenz spricht, nach der sich jeder Mensch sehne, klingt das durchaus bodenständig.

Lefherz selbst legte sein Glaubensbekenntnis mit 14 Jahren ab. „Auch mit Untertauchen, aber ohne Flusswasser.“ In seinen Stationen während des Studiums in Bonn, Tübingen, Wuppertal und Hamburg sowie auch in seinen ersten Jahren als Pastor hangelte er sich von Süd nach Nord, allerdings nur im Westen entlang. Nach Potsdam wurde er von der Kirche berufen. Es ist seine erste Erfahrung in den neuen Bundesländern. Seine Frau, eine Musikerin, sucht jetzt nach neuen Aufgaben, die beiden Söhne, elf und zwölf Jahre alt, haben den Schulwechsel bereits hinter sich. Die Buchkisten im Büro des Pastors sind ordentlich in die Regale geräumt, „aber noch nicht sortiert“, wie Michael Lefherz selbstkritisch bemerkt. Wichtiger als das sei ihm auch der Kontakt zu den anderen Gemeindemitgliedern. Er schätzte Entscheidungen im Team, ärgerlich hingegen sei Starrköpfigkeit und Alleingänge.

Dabei verliert er aber seinen persönlichen göttlichen Auftrag nicht aus dem Blick. Menschen verzweifelten vor allem an der Sinnlosigkeit in ihrem Leben. Ihnen wieder einen Sinn zu geben, dazu fühlt sich Michael Lefherz berufen. Erreichen möchte er die Ungläubigen. Derer gibt es in einer Gegend mit 20 Prozent Protestanten und fünf Prozent Katholiken eine Menge. Vielmehr auf jeden Fall als im westfälischen Münster, wo Lefherz zuletzt Pastor war.

Als „Kirchendistanzierte“ bezeichnet Lefherz die Atheisten vorsichtig. Schließlich lehnten sie einen Sinngeber ab, ohne ihn zu kennen, sagt Lefherz. Sie möchte er mit interessanten Angeboten in seine Kirche in der Schopenhauerstraße locken. So habe er schon in anderen Städten den „Gottesdienst für Ausgeschlafene“ angeboten – sonntags um 11 Uhr. Mit Theater, Beamer und Saxophon gestalte er seinen „Grundkurs des Glaubens“, in dem aktuelle Probleme wie Angst oder auch Arbeitslosigkeit thematisiert würden. „Und wir schauen auch, was das Evangelium dazu sagt“, erklärt der Pastor. Weil er aber kein Solist ist, wartet er die Entscheidung der Gemeinde ab. Ein solches Angebot könne er überdies nur machen, wenn sich genug Helfer fänden, die einen solchen Gottesdienst für Kirchendistanzierte mitgestalteten. Immerhin gibt es in der Landeshauptstadt rund 230 bekennende Baptisten, die ihre Gemeinschaft aktiv pflegen. Die Evangelische Freikirchliche Gemeinde ist aber auch wegen ihrer Ausgabestelle der Potsdamer Tafel bekannt, in der sich viele ehrenamtlich engagieren. Nicola Klusemann

Nicola Klusemann

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