Kultur: „Genauigkeit vor Nettigkeit“ Christoph Hein liest aus „Frau Paula Trousseau“
Am heutigen Samstag, um 20 Uhr, liest Christoph Hein im Hans Otto Theater aus seinem neuen Roman „Frau Paula Trousseau“. Ein Gespräch mit dem Autor über Glück, seinen neuen Roman und das Lesen vor Publikum.
Stand:
Am heutigen Samstag, um 20 Uhr, liest Christoph Hein im Hans Otto Theater aus seinem neuen Roman „Frau Paula Trousseau“. Ein Gespräch mit dem Autor über Glück, seinen neuen Roman und das Lesen vor Publikum.
Herr Hein, was bedeutet für Sie Glück?
Mit sich und der Welt zufrieden zu sein; also ein Zustand, der höchst selten erreichbar ist.
Paula Trousseau in ihrem neuesten Roman „Frau Paula Trousseau“ sieht ihr Glück vor allem in der Malerei und stellt diese über alles. Am Ende scheitert sie. Ist Ihr neuer Roman auch als ein Plädoyer für ein wenig mehr Bescheidenheit in Sachen Glücksvorstellungen zu lesen?
Nein, in meinen Romanen gibt es keine Plädoyers, keine Predigten. Ich schreibe lediglich auf, was ich gesehen, erlebt, erfahren habe.
Ist Paula Trousseau eine Egoistin, weil sie nie von ihren Traum vom Malen abweichen will?
Egoistisch, das ist sie gewiss auch, aber wer will ihr verwehren, ihr Leben nach ihren Wünschen, Hoffnungen und Träumen zu führen.
Wenn Sie über Paulas Leben schreiben, dann in der Ich-Form, in einem schnörkellosen, kühlen und fast schon distanzierten Ton. Dieser analytische Ton und die oftmals klischeebeladene Sicht Paulas auf ihr Umfeld macht sie einen nicht gerade sympathisch.
Genauigkeit vor Nettigkeit. Ich erzähle lieber mitleidslos klar und präzis, denn ich denke, das ist die eigentliche Aufgabe der Literatur.
Sie sind derzeit schwer zu erreichen weil Sie auf Lesereise mit „Frau Paula Trousseau“ sind. Wie erleben Sie die fast tägliche Auseinandersetzung mit dem eigenen Text?
Die Leser und Leserinnen werden offenbar von dem Text sehr berührt. Die Frau verstört, regt auf und an und vermag sich festzubeißen.
Gibt es Momente, in denen Sie sich sagen, da hätte ich noch etwas verbessern oder anders erzählen können?
Um mich kurz zu fassen, habe ich bei diesem Roman heftig gekürzt. Was stehen blieb, soll bleiben.
Gibt es auch Tage, an denen Sie sagen, ich will diesen Christoph Hein nicht mehr lesen?
Ich lese selten vor, arbeite sehr viel lieber am nächsten Text.
Wie empfinden Sie das Lesen vor Publikum? Ist das nur die notwendige Werbung für den neuen Roman oder die Möglichkeit, mit dem Leser ins Gespräch zu kommen?
Ich mache ein paar Lesungen, um zu erfahren, wie meine Leser einen Text, mit dem man jahrelang beschäftigt war, aufnehmen, wie sie ihn lesen und sehen. Da gibt es stets auch ein paar Überraschungen, den jeder Leser liest sein eigenes Buch, gemäß seinen Lebenserfahrungen.
Sie lesen heute im Hans Otto Theater. Sie sind nicht nur Romancier, sondern auch Theaterautor. Wird vielleicht auch mal ein Stück, vielleicht sogar ein neues, von Ihnen im Potsdamer Theater zu sehen sein?
Fragen Sie das Theater.
Das Gespräch führte Dirk Becker
Der 64-jährige Christoph Hein wurde in Heinzendorf, im heutigen Polen geboren und lebt in Berlin. Er hat unter anderem „Der fremde Freund“ und „Willenbrock“ geschrieben.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: