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Potsdam-Mittelmark: Volles Haus bei Einsteins

Nobelpreisträger besuchten das Sommerdomizil des Physikers und spürten den Geist des Ortes

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Nobelpreisträger besuchten das Sommerdomizil des Physikers und spürten den Geist des Ortes Von Thomas Lähns Schwielowsee · Caputh - So dürfte es auch schon vor 75 Jahren in Einsteins Caputher Sommerhaus zugegangen sein: Wissenschaftler geben sich die Klinke in die Hand, plaudern miteinander über ihre Forschungen, genießen die schöne Aussicht von der Terrasse und versuchen irgendwie, sich vom Geiste ihres weltberühmten Kollegen inspirieren zu lassen. Am Sonnabend drängten sich knapp 30 Nobelpreisträger samt Ehepartnern, Polit-Prominenz und jeder Menge Presse im Gefolge in dem kleinen Haus am Waldrand, oberhalb des Templiner Sees. Das Einsteinforum Potsdam hatte in der vergangenen Woche die klügsten Köpfe der Welt - Physiker, Chemiker, Mediziner und Physiologen - nach Berlin und Brandenburg eingeladen, um hier die Wirkungsstätten Albert Einsteins zu besuchen. Und am Sonnabend lernten sie dann auch die privatere Seite kennen. Susan Neiman, Direktorin des Einsteinforums, gab eine Führung durch das gerade erst sanierte Haus. „Dies ist das einzige Einsteinhaus, welches uns noch erhalten ist“, eröffnete sie und traf damit prompt auf den Protest des Schweizer Chemikers Kurt Wüthrich: „In Bern haben wir ebenfalls ein Einsteinhaus.“ In der Kramgasse 49 hatte dieser zwischen 1903 und 1905 eine Wohnung gemietet. Trotzdem: Einsteins Sommerhaus ist einmalig, zumal er selbst Bauherr war. „Das Haus wirkt so geordnet, erstaunlich, dass Einstein es gebaut hat“, scherzte Riccardo Giacconi. Der amerikanische Astrophysiker würdigte seinen „Vorfahren“: „Ohne ihn wäre meine Arbeit überhaupt nicht möglich.“ Und das traf wohl auf die meisten der Gäste am Sonnabend zu. Raum für Raum wurde erkundet, Erinnerungsfotos geschossen und so manche Anekdote erzählt, zum Beispiel, dass seine Frau Elsa das laute Schnarchen nicht ertrug und Einstein deshalb ein extra Schlafzimmer beziehen musste. Bundes-Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD)  würdigte den Kosmopoliten, Menschenfreund und Pazifisten Einstein und warf dabei auch einen kritischen Rückblick auf die deutsche Vergangenheit. „Seine Flucht 1933 ist ein Beispiel für den Exodus des Wissens, der mit der Nazizeit hereinbrach.“ Deshalb müsse das Haus erhalten werden, und weil es Zeuge der vielen wissenschaftlichen und politischen Diskussionen mit Zeitgenossen wie Anna Seghers, Heinrich Mann und Max Planck war. „Es ist ein besonderer Ort und man hat noch heute das Gefühl, dass Einstein dort oben auf der Terrasse sitzt.“ Dass das Haus erhalten und die Geschichte, die damit verbunden ist, nicht verschwiegen wird, wurde von dem amerikanischen Mediziner Baruch S. Blumberg gelobt. So bekomme jeder ein Gefühl für diese Station in Einsteins Leben. Wahrlich, bei diesem illustren Besuch wäre der ehemalige Hausherr in Verzückung geraten. Der eine oder andere Gast will sogar dessen Geist bemerkt haben, auch wenn er zwischen dem Gewusel unerkannt blieb. Zu einem Streichkonzert von Mozart wurden Häppchen gereicht, Interviews geführt, Fotos geschossen und ganz nebenbei musste Brandenburgs Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) noch erklären, warum es in Deutschland keine staatlichen Akademien gibt. Schließlich durften sich die Besucher noch, ganz wie damals, in das Gästebuch eintragen - in Reimform, so wie Einstein es immer verlangte.

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