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Mit dem Regierungs-Airbus Konrad Adenauer flog der damalige Finanzminister Olaf Scholz 2018 zum IWF-Treffen nach Bali. Dort wurden dann Kabel von Nagetieren angefressen und Scholz musste per Linie zurückfliegen.

© Foto: Tsp/Georg Ismar

Scholz’ schlechte Bali-Erfahrung : Als Nagetiere den Regierungs-Airbus lahmlegten

Schon 2018 war Olaf Scholz, damals als Finanzminister, bei einem Gipfel auf Bali. Es wurde eine kleine Odyssee, weil Nagetiere die „Adenauer“ anknabberten.

Der Mitarbeiter der Botschaft ist fix und fertig, schweißgebadet wartet er nach dem „Nager-Gate“ am Flughafen auf die Abreise der hohen Gäste. Er hat gerade Olaf Scholz, damals Finanzminister, samt Entourage und mehreren bewaffneten BKA-Leibwächtern auf einen Linienflug bekommen – allerdings musste er für die Pistolen noch kleine Köfferchen kaufen und die Waffen als reguläres Gepäck aufgeben.

So eine Operation erleben auch Diplomaten selten. Wenn Olaf Scholz – nun als Kanzler – erneut nach Bali reisen wird, wird ihn die Episode begleiten, in der Geschichte von Regierungsflieger-Pannen war es die kurioseste. 

Oktober 2018, die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) findet im indonesischen Urlaubsparadies statt, so wie nun der G20-Gipfel. Scholz wird damals schon von der Truppe begleitet, die auch heute im Kanzleramt an seiner Seite ist: Die damaligen Staatssekretäre Wolfgang Schmidt und Jörg Kukies, sein Sprecher Steffen Hebestreit, seine Büroleiterin Jeanette Schwamberger.

Bundesbankpräsident wünscht viel Glück beim Flüge buchen

Donald Trump droht mit einem Handelskrieg, Scholz pflegt zu US-Finanzminister Steven Mnuchin einen engen Draht. Wenn andere rufen, Brücken mit dem Trump-Lager abzubrechen, lotet Scholz Lösungswege aus, seien die Partner auch noch so schwierig.

Da lässt er sich nicht beirren, zuletzt wieder zu sehen bei seiner China-Reise. Zum Abschluss steht 2018 in Bali die traditionelle Pressekonferenz des Bundesministers der Finanzen mit dem Bundesbankpräsidenten, damals Jens Weidmann, auf dem Programm. Dann soll es mit dem Regierungs-Airbus „Konrad Adenauer“ zurück nach Deutschland gehen.

Mein linker Platz ist frei. Bundesbankpräsident Jens Weidmann musste die Abschlusspressekonferenz zur Tagung auf Bali 2018 allein bestreiten.
Mein linker Platz ist frei. Bundesbankpräsident Jens Weidmann musste die Abschlusspressekonferenz zur Tagung auf Bali 2018 allein bestreiten.

© Foto: Tsp/Georg Ismar

Doch als die rund 20 mitreisenden Journalisten dort am nächsten Tag eintrudeln, ist gleich zu merken, hier stimmt etwas nicht. Die Reiseleiterin des Ministeriums sagt: „Herr Weidmann hält heute die Pressekonferenz alleine ab.“ Ja und der Minister? „Der ist schon abgereist“, sagt sie. Stirnrunzeln bei den Journalisten. „Aber wir sind doch mit demselben Flugzeug hier, da kann er schlecht schon abgereist sein.“ Die Ministeriumsmitarbeiterin: „Das Flugzeug kann nicht fliegen, Nagetiere sind da eingedrungen.“ Der Minister sei deshalb bereits am Flughafen und fliege nun per Linie zurück.

Bei solchen Regierungsreisen kann ein begrenztes Kontingent an Journalisten mitreisen, für die Mitflüge müssen die Redaktionen aber die Kosten zahlen, sie orientieren sich an Lufthansa-Tarifen. Während Weidmann redet, beginnen an den Laptops hektische Flugsuchen, ein Kollege klickt auf kaufen, übersieht aber einen sehr langen Zwischenstopp in einer asiatischen Hauptstadt, so dass er erst Tage später von dieser Dienstreise zurückkehren wird. „Ich wünsche Ihnen viel Glück bei der Buchung Ihrer Flüge“, sagt Weidmann am Ende der Pressekonferenz und macht sich von dannen.

Finanzminister Olaf Scholz (rechts) spricht 2018 auf Bali mit US-Amtskollege Steven Mnuchin.
Finanzminister Olaf Scholz (rechts) spricht 2018 auf Bali mit US-Amtskollege Steven Mnuchin.

© Foto: Imago/Photothek/ Thomas Koehler

Der Minister sollte wegen der Landtagswahlen in Bayern am Sonntag natürlich in Berlin sein.

Scholz-Sprecher Hebestreit zur überstürzten Abreise

Die Deutsche Botschaft wirft danach ihr ganzes Organisationstalent in die Waagschale. Wegen der vielen abreisenden Teilnehmer, insgesamt sind es rund 30.000 bei der IWF-Tagung, sind aber kaum Flüge zu bekommen, so dass die meisten noch eine Nacht dranhängen müssen.

Kurzzeitig wurde im Scholz-Lager überlegt, auf den Rückflug des damaligen Bundesratspräsidenten, Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD), zu warten, der mit dem zweiten für so lange Strecken geeigneten A 340 der Flugbereitschaft in Australien unterwegs war. Aber dessen Rückreise war erst drei Tage später geplant. 

Wenig später kam es beim Flug zum G20-Gipfel zum nächsten Problem

Schließlich buchte die Reisestelle des Finanzministeriums Scholz und seine Leute auf den Cathay Airways-Linienflug, der ging erst nach Hongkong, dann nach Zürich, insgesamt 22 Stunden dauerte die Rückreise.

Nur knapp zwei Monate später musste Scholz auch zu einem G20-Gipfel Linie fliegen, er begleitete als Finanzminister Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Buenos Aires.

Nach gravierenden technischen Problemen im Regierungsflieger kam es zu einer wegen der großen Spritmenge gefährlichen Notlandung in Köln. Für Merkel und Scholz ging es am nächsten Morgen per Linie mit Iberia über Madrid nach Argentinien. Beide gehen mit so was gelassen um.

Olaf Scholz und sein engster Kreis: Sprecher Steffen Hebestreit, Büroleiterin Jeanette Schwamberger und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt – 2021 beim G20-Gipfel in Rom.
Olaf Scholz und sein engster Kreis: Sprecher Steffen Hebestreit, Büroleiterin Jeanette Schwamberger und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt – 2021 beim G20-Gipfel in Rom.

© Foto: Imago Images/Photothek/Thomas Imo

Scholz und Hebestreit haben nach dem „Nager-Gate“ etwas Theater, begründet wird die Hals-über-Kopf-Abreise unter anderem damit, dass Scholz wegen der Landtagswahl in Bayern zurück in Berlin sein musste, die SPD war damals wegen der erneuten großen Koalition in einer Krise.

„Der Minister sollte wegen der Landtagswahlen in Bayern am Sonntag natürlich in Berlin sein“, begründet damals sein Sprecher Hebestreit die überstürzte Abreise aus Bali. Auch einen Teil der restlichen Delegation hat Scholz auf Bali zurückgelassen.

Regelmäßige Kontrollen der Flugzeuge sollen verhindern, dass sich Nagetiere in den Luftfahrzeugen einnisten.

Ein Sprecher der Luftwaffe

Am Abend ist von Scholz dann aber nichts zu sehen im Willy-Brandt-Haus. Es habe auch kein Treffen mit Parteichefin Andrea Nahles gegeben, sagt ein Parteisprecher. Andrea Nahles muss allein das SPD-Debakel von 9,7 Prozent erklären. Als neun Monate später Scholz wichtigste Vertraute als SPD-Vorsitzende zurücktrat, schien die Koalition am Ende, ebenso wie die Karriere von Scholz, als er damit scheiterte, neuer SPD-Chef zu werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz Im Regierungsflieger auf dem Weg ins Ausland.
Bundeskanzler Olaf Scholz Im Regierungsflieger auf dem Weg ins Ausland.

© Foto: dpa/Kay Nietfeld

Es kam anders und heute fliegt Scholz als Kanzler um die Welt. Immerhin konnte er aber ein Versprechen damals einlösen. Er nahm zwei THW-Mitarbeiter, die nach einem Erdbeben und Tsunami Stromgeneratoren nach Indonesien gebracht hatten, auf dem Linienflug mit zurück nach Deutschland. Er hatte ihnen zuvor zugesagt, sie im Regierungsflieger mit zurückzunehmen.

Bis heute sind die Umstände des „Nager-Gates“ nicht ganz klar. Ein Sprecher der Luftwaffe betont, dass man damals stutzig geworden sei, da loses Dämmmaterial in der Kabine gefunden worden sei, aber die Nager selbst fand man nicht. Wegen der nötigen Überprüfungen war ein Abflug aber nicht möglich.

Schließlich wurde die Maschine nach Singapur gebracht, die Reparatur und weitere Checks dort nahmen mehrere  Tage in Anspruch. „Eine Aussage zur Art der Schadtiere kann nicht mehr getroffen werden“, sagt ein Sprecher der Luftwaffe rückblickend. Zumindest wird die Besatzung der Flugbereitschaft des Verteidigungsministeriums dieses Mal besondere Vorsicht walten lassen.

„Bei Aufenthalten auf den Flughäfen werden alle Öffnungen am Rumpf der Maschinen der Flugbereitschaft abgedeckt“, betont der Sprecher. Und auch für den Aufenthalt beim G20-Gipfel auf Bali gelte folgendes: „Regelmäßige Kontrollen der Flugzeuge (…)  sollen verhindern, dass sich Nagetiere in den Luftfahrzeugen einnisten beziehungsweise diese beschädigen.“

Ob es wegen des Zwischenfalls damals ist? Scholz ist zu seiner Asien-Reise, die mit dem G20-Gipfel in Bali endet, am Samstag mit dem A340 „02“ aufgebrochen, das steht für die „Theodor Heuss“, die Maschine „01“. Die „Konrad Adenauer“ dient dieses Mal nur als Reserve. Seit dem Zwischenfall beim G20-Gipfel 2018, als Merkel und Scholz mit einem Tag Verspätung in Buenos Aires eintrafen, wird immer ein Airbus als Backup bereit gehalten.

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