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0:3-Niederlage in der Champions League: Dortmund zu naiv in Marseille

Borussia Dortmund erspielt sich in Marseille zahlreiche Großchancen, kassiert am Ende aber eine bittere 0:3-Niederlage. Damit steht der BVB nach zwei sieglosen Gruppenspielen schon mächtig unter Druck.

Am alten Hafen war die Hölle los. So viel schwarz und gelb auf einen Haufen hat Marseille in seiner langen und ruhmreichen Geschichte noch nicht erlebt. Mehr als 2000 Anhänger von Borussia Dortmund hatten sich auf den Weg in die Provence gemacht, um den Deutschen Meister bei seinem zweiten Spiel in der Champions League zu begleiten.

Die mitgereisten Anhänger durften zwar das wunderbare Klima in der zweitgrößten Stadt Frankreichs genießen, aber sonst wurde der Ausflug ans Mittelmeer zurherben Enttäuschung. Mit 0:3 (0:1) kassierte der BVB beim zweiten Gruppenspiel eine deftige Niederlage und muss mit nur einem Zähler auf der Habenseite nun um das Überleben in der Königsklasse bangen.

40.000 Zuschauer verfolgten das deutsch-französische Kräftemessen an der Cote d’Azur, normalerweise fasst das Stade Vélodrome wesentlich mehr Besucher, doch derzeit wird es für die EM 2016 umgebaut und deshalb blieb mit Ausnahme des Dortmunder Fanblocks die gesamte Gegengerade leer.

Diejenigen, die Einlass erhalten hatten, sahen in der Anfangsphase zwei Mannschaften, die munter drauf los stürmten. Marseilles Trainer Didier Deschamps hatte großen Respekt vor dem BVB bekundet, und das nicht nur, weil er den Dortmundern mit Juventus Turin 1997 im Champions-League-Finale von München 1:3 unterlag. „Die Mannschaft steht für Fußball total – jung, athletisch, schnell“, sagte der Weltmeister von 1998. Das Wort unbedarft hat er nicht gebraucht, es wäre jedoch durchaus angebracht gewesen.

Der BVB spielte mit kaum zu überbietender Naivität und brachte sich so um den Lohn aller Bemühungen. Das Ergebnis ist überaus deutlich, dabei war die Borussia über weite Strecken überlegen und erspielte sich beim ersten Auswärtsspiel in der Königsklasse seit achteinhalb Jahren eine Vielzahl von Großchancen.

Lesen Sie auf Seite 2, wie sich die Dortmunder praktisch selbst besiegten.

Die erste hatte in der 19. Minute Mario Götze. Der Jung-Nationalspieler machte von der Ballannahme über das Dribbling alles richtig, aber als er frei vor dem Tor stand, fehlte die nötige Kaltschnäuzigkeit. Auch auf der anderen Seite des Spielfeldes gab es eine Fehlleistung, und zwar eine mit Folgen: Manndecker Neven Subotic rutschte aus, der Ball landete bei Ayew, gegen dessen trockenen Flachschuss in die rechte untere Ecke BVB-Torhüter Roman Weidenfeller chancenlos war.

Aus heiterem Himmel waren die Gastgeber in Führung gegangen, und während auf der Haupttribüne einige unverbesserliche Fans aus Dortmund und Marseille handgreiflich aneinander gerieten, versuchte der BVB, die Geschicke zu seinen Gunsten zu wenden. Die Gastgeber nahmen die Führung zum Anlass, sich weit zurückzuziehen, was ein adäquates Mittel war, weil der Borussia nicht viel mehr einfiel als hohe Bälle in die gegnerische Hälfte zu schicken. Dagegen verlegte sich OM aufs Kontern. Erneut war es der omnipräsente Ayew, der frei zum Abschluss kam, doch dieses Mal bekam Weidenfeller seine linke Hand an den Ball.

Nach dem Seitenwechsel hatte es den Anschein, als wollten die Dortmunder ihre Gegner überrennen. Das Pressing des BVB war vehement, doch der fahrlässige Umgang mit besten Möglichkeiten zieht sich wie ein roter Faden durch die Auftritte des Meisters. Das größte Entgegenkommen zeigte erneut Götze, der das Kunststück fertig brachte, den Ball aus drei Metern an den Pfosten zu setzen, anstatt ihn im Tor zu versenken. Wie man seine Chance eiskalt nutzt, demonstrierte Loic Remy mit seinem Treffer zum 2.0 in der 62. Minute.

Zuvor war der Stürmer von Hummels per Kopf mustergültig bedient worden, vor Scham zog sich der Manndecker nach seinem Faux pas das Trikot über das Gesicht. Doch es sollte noch schlimmer kommen: Sebastian Kehl holte Remy im Strafraum von den Beinen, den fälligen Elfmeter verwandelte der überragende Ayew eiskalt. „Um sich zu entwickeln, braucht man große Spiele und große Gegner. Die haben wir in der Champions League“, hat BVB-Trainer Jürgen Klopp jüngst festgestellt.

Dortmunds junge Mannschaft absolviert weiterhin ihre Lehrzeit im europäischen Ausbildungsbetrieb, und es scheint so, als müsse sie dabei größere Opfer bringen, als ihr lieb ist.

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