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Sport: 1.FC Union: Bloß nicht ans Endspiel denken

Kurz vor Mitternacht war der General gnädig gestimmt. Georgi Wassilew, dem im Umgang mit seinen Spielern eine gewisse Strenge nachgesagt wird, ließ den Pokalhelden freien Lauf.

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Kurz vor Mitternacht war der General gnädig gestimmt. Georgi Wassilew, dem im Umgang mit seinen Spielern eine gewisse Strenge nachgesagt wird, ließ den Pokalhelden freien Lauf. Nach dem 4:2-Sieg im Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach - 2:2 hatte es nach regulärer Spielzeit plus Verlängerung gestanden - sagte der Trainer des 1. FC Union: "Jetzt sollen die Spieler feiern. Sie können machen, was sie wollen." Aber alles in überschaubarem Rahmen, bitteschön. "Von Mittwoch an richten wir dann unsere ganze Konzentration auf die Regionalliga."

Union hat mit dem Erfolg über Gladbach sensationell das DFB-Pokalfinale am 26. Mai im Berliner Olympiastadion erreicht, aber eiligst wurde dieses Thema zum Tabu erklärt. "Wir müssen in die Zweite Liga, die ist für den Verein sehr, sehr wichtig", sagte Union-Torwart Sven Beuckert, der schon kurz nach dem Halbfinal-Duell den nächsten Schritt vorzeichnete und damit genau auf der Wellenlänge von Wassilew lag, den sie den General nennen.

Rund sechs Millionen Mark hat der 1. FC Union an Einnahmen im Pokalwettbewerb in dieser Saison verbucht. Das freut die Verantwortlichen, aber eine kontinuierliche Einnahmequelle garantiert nur die Zugehörigkeit zum Profifußball. Noch hängt Union am Tropf des Medien-Unternehmers Michael Kölmel. Und muss mal hier, mal dort betteln gehen. So nutzte Heiner Bertram, Unions Präsident, die Anwesenheit des Regierenden Bürgermeisters beim Spiel gegen Mönchengladbach gleich, um eine Sorge vorzutragen. Mit Erfolg offenbar. "Uns fehlen noch ein paar Mark für eine vernünftige Lautsprecheranlage im Stadion. Das Geld werden wir jetzt wohl bald bekommen", sagte Betram nach seinem Gespräch mit Eberhard Diepgen. Immerhin handelt es sich um rund 300 000 Mark.

Derweil konnte Georgi Wassilew seinen Stolz über den Einzug ins Pokalfinale nur schwerlich verbergen. "Das ist ein guter Schritt in meiner Trainerkarriere", stellte er fest. Dabei haben bei ihm Pokalerfolge durchaus Tradition. "In Bulgarien habe ich als Trainer schon drei Mal im Pokalfinale gestanden - und immer gewonnen", sagte Wassilew. Er wäre gewiss nicht traurig, die Erfolgsserie in Berlin fortsetzen zu können.

Gladbachs Trainer Hans Meyer, im Jahre 1995 einer von Wassilews Vorgängern bei Union, kann ebenfalls auf eine erfreuliche Pokalvergangenheit zurückblicken. Zu DDR-Zeiten gewann Meyer mit Carl-Zeiss Jena drei Mal den FDGB-Pokal; eine positive Fortschreibung dieser Erfolgsgeschichte ist ihm nach 1989 allerdings versagt geblieben. Wie 1993 mit dem Chemnitzer FC gegen die Amateure von Hertha BSC scheiterte Meyer im Halbfinale erneut an einem Berliner Drittligisten. "Je weiter du im Pokal kommst, ohne im Endspiel zu stehen, umso mehr schmerzt das Ausscheiden", sagte der Trainer von Borussia Mönchengladbach.

Arie van Lent, der seine Mannschaft mit seinen beiden Toren scheinbar ins Finale geschossen hatte, klagte: "Nach dem 2:1 haben wir das Spiel zu leicht weggeben." Zehn Minuten vor Schluss köpfte Unions Kapitän Steffen Menze nach einem Freistoß unbedrängt den Ausgleich und rettete seine Mannschaft in die Verlängerung. "Das war mein Mann", gab Gladbachs Mittelfeldspieler Igor Demo hinterher zu. "Da muss ich hingehen." Zu spät kam diese Erkenntnis. Es hatte sich bestätigt, worauf Hans Meyer vor dem Spiel immer wieder warnend hingewiesen hatte: "Wir wussten, dass Union besser ist als Magdeburg; ich weiß auch, dass wir schlechter sind als Bayern." Mit anderen Worten: Gegen Union kann man durchaus verlieren. An diesem Abend wäre es zu verhindern gewesen.

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